Dienstag, 19. März 2024
Arbeitsgemeinschaft Landtechnik und Landwirtschaftliches Bauwesen in Bayern e.V.

Kompostierungsställe in der Praxis

Rückblick auf zwei Lehrfahrten am 14. Oktober 2020 im Nürnberger Umland

Der Kompostierungsstall ist ein Freilaufstall, bei dem die Einstreu zum überwiegenden Teil aus Holzsubstrat (Sägespäne, Hackschnitzel) besteht. Kot und Urin der Tiere werden unter Sauerstoffzufuhr mit Hilfe von Grubber oder Fräse eingearbeitet. Damit wird ein Heißrotteprozess in Gang gesetzt, bei dem als Endprodukt Kompost entsteht. In Kompostierungsställen gehen und liegen die Tiere auf einer elastischen, sauberen und trockenen Unterlage, die den Bewegungsapparat schont und den Liegeansprüchen der Tiere voll entspricht. Ein Plus an Tierwohl, dass sich in einer gesteigerten Tiergesundheit, Langlebigkeit und Milchleistung auszahlen kann.

Seit dem ersten Grundlagen-Seminar im Frühjahr 2019 in Weichering bei Ingolstadt verzeichnet die ALB Bayern e.V. ein wachsendes Interesse seitens der Landwirte am System Kompostierungsstall. Neben Fragen zum Kompost-Management und zu den Anforderungen an den Stallbau ist die Rentabilität dieses Stalltyps ein immer wiederkehrender Diskussionspunkt: Wie rechnen sich die Investitionen in einen solchen Tierwohlstall? Die schlechte Nachricht vorweg: mit der klassischen Deckungsbeitragsrechnung kommt man hier nicht weit. Tierwohl lässt sich zwar im Hinblick auf Tiergesundheit und Lebensleistung in Wert setzen, viele andere Aspekte allerdings können buchhalterisch nicht abgebildet werden – und haben dennoch einen großen Einfluss auf die Strategie und den Erfolg eines Betriebs.

Bei den zwei ausgebuchten Lehrfahrten „Kompostierungsställe in der Praxis“ (jeweils mit 40 Teilnehmern) trafen sich am 14.10.2020 Kompostierungsstallbetreiber, interessierte sowie bauwillige Landwirte sowie staatliche Stallbau-Berater in Obermichelbach, Landkreis Fürth und Gustenfelden, Landkreis Roth. Die ALB Bayern e.V. und das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Schweinfurt stellten dort beispielhaft zwei Betriebe vor, die das Potential des Kompostierungsstalls auf ganz unterschiedliche Weise ausschöpfen: Betrieb 1 nutzt den hohen Tierwohl-Standard des Stalls als Visitenkarte für seine Direktvermarktung. Betrieb 2 demonstriert, wie sich ein Kompostierungsstall als Gemeinschaftsstall organisieren lässt und dadurch eine überzeugende Basis für die Vermarktungsstrategie „Regional-Nachhaltig-Gemeinschaftlich“ schafft.

1. Betrieb: Betrieb Michael Bauer, 90587 Obermichelbach – Rosa Kuh GmbH & Co.KG

Landwirt Michael Bauer vermarktet seine Milch- und Fleischprodukte unter dem Label „Rosa Kuh“. Für seine Kunden ist der frei zugängliche Kompostierungsstall der sichtbare Beweis, dass sie „Rosa Kuh“-Produkte guten Gewissens kaufen können: Saubere, gesunde und entspannte Tiere mit viel Platz und freier Bewegung – das entspricht den Erwartungen, die sie an den Einkauf im Hofladen bzw. an den Verkaufsautomaten haben. Der hohe Tierwohlstandard erlaubt eine maximale Transparenz den Verbrauchern gegenüber, die sich jederzeit persönlich davon überzeugen können, dass und wie „Rosa Kuh“ regionale Produkte aus artgerechter Haltung herstellt. Der stets offene Stall ist das Herz und das Aushängeschild der erfolgreichen Direktvermarktung und macht die Marke für die Kunden erlebbar.

Betriebsspiegel

Lage:Mittelfranken, 321 m ü. NHN
Temperatur:Ø 8,2 °C
Niederschläge:Ø 600 - 650 mm
Betriebsfläche:75 ha Mais und Futterbau, 25 ha Grünland
Betriebszweige:Milchviehhaltung plus Zucht, Ackerbau, Legehennen (insges. 20 % des BE)
Hofmolkerei (ca. 50 % d. BE), Biogas & Photovoltaik (30 % d. BE)
Arbeitskräfte:7 Festangestellte (Voll- und Teilzeit), 10 geringfügig Beschäftigte
Tierzahl:60 Milchkühe plus Nachzucht
Melksystem:Melkroboter Lely
Milchleistung:8400 Liter Stalldurchschnitt
Fütterung:Automatisch / Lely
Bewirtschaftungsform:konventionell

Betriebshistorie

Ursprünglich im Ortskern von Unterfarnbach gelegen siedelte Michael Bauers Vater Friedrich seinen Stall 1973 an den Ortsrand von Obermichelbach im Landkreis Fürth aus. Der neue Laufstall bot Platz für 40 Milchkühe. Nach seiner Ausbildung zum Landwirtschaftsmeister übernahm Sohn Michael 2016 den Betrieb, den er heute zusammen mit seiner Frau Stefanie, diplomierte Agraringenieurin, führt. 2004 entstand die mittlerweile 800 kW starke Biogasanlage (261,5 kW Bemessungsleisung) sowie eine 460 kW starke Photovoltaikanlage, die in ihren Leistungsphasen aufeinander abgestimmt sind. Das Biogas wird in einem Blockheizkraftwerk verstromt und deckt den Energiebedarf des Betriebs. Die überschüssige Energie wird ins öffentliche Netz eingespeist. Bereits 2012 entdeckte Michael Bauer das System Kompostierungsstall, aber erst nach einem einschlägigen Vortrag des Innovationsteams Milch Hessen 2018 wurde die Idee in die Tat umgesetzt: Neben dem alten Laufstall entstand ein Kompostierungsstall für 60 Kühe. Da die Milchproduktion allein keinen ausreichenden Deckungsbeitrag liefert intensivierte das Ehepaar Bauer die Direktvermarktung, die in kleinerem Umfang bereits von den Eltern betrieben wurde. 2015 gründeten Stefanie und Michael Bauer ihr eigenes Label „Rosa Kuh“, und 2019 folgte schließlich der Bau einer eigenen, IFS -zertifizierten Molkerei, der durch ein Förderprogramm zur betrieblichen Diversifizierung finanziell unterstützt wurde.

Der Stall

Der neue Kompostierungsstall wurde Anfang 2020 für 60 Kühe (Fleckvieh) gebaut und noch im gleichen Jahr bezogen. Jungtiere und Färsen sind im alten Laufstall untergebracht. An drei Seiten offen (ohne Curtains) verfügt der Stall über einen ca. 13 m breiten Folien-Lichtfirst mit 7 m Höhe. Neben Liegefläche, Fressgang und Fressplatz (ohne Fressgitter) steht den Tieren zusätzlich ein befestigter Laufhof zur Verfügung. Pro Kuh wurden 10 Quadratmeter Liegefläche eingeplant, die Michael Bauer mit Hackschnitzel und einer Beimischung von Dinkelspelzen einstreut (Gesamtverbrauch pro Jahr 500 - 600 Kubikmeter bei Kosten von ca. 10 Euro/Kubikmeter). Gegrubbert wird die Liegefläche zweimal täglich so tief wie möglich, um dem Substrat ausreichend Sauerstoff zuzuführen. Im Sommer beträgt das Nachstreu-Intervall drei bis vier Wochen, im Winter eine Woche. Die Gülle aus dem Fressgang wird vollständig in der Biogasanlage verwertet. Zusätzlich wird der Kompost gesiebt, der Kompost-Feinanteil kommt ebenfalls in die Biogasanlage. Der verbleibende, gröbere Rest-Kompost wird als Starter-Substrat erneut eingestreut und beimpft auf diese Weise das frische Substrat, mit dem nachgestreut wird (Hackschnitzel, Dinkelspelzen). Für Michael Bauer ist diese Vorgehensweise wirtschaftlich attraktiver als die direkte Verwendung von Gülle als Dünger, da er so Anspruch auf den sog. „Gülle-Bonus“ hat. Als Dünger kommen schließlich die Gärreste aus der Biogasanlage zum Einsatz.

Michael Bauer hat sich für einen vollautomatisierten Stall entschieden: Der Futterautomat legt täglich 16 Mal frisches Futter vor, die Ration besteht aus Stroh, Mais, Gras, Rapsschrot, Gerste, AktiProt und Mineralfutter. Gemolken wird mit einem Roboter und auch die Entmistung von Wartebereich und Fressgang erfolgt per Entmistungsroboter. Insgesamt betrugen die Baukosten für den Stall 700.000 Euro (inkl. Abrissarbeiten sowie Melk-, Fütterungs- und Entmistungsautomatik), was etwa 11.600 €/Tierplatz entspricht. Mit der AFP-Stallbauförderung und der Förderung für die betriebliche Diversifizierung wurden Stall und Molkerei mit insges. 11 % der Baukosten subventioniert. Derzeit stört den Betriebsleiter noch die Wärmentwicklung im Sommer: in Bodennähe liegen die Temperaturen um ca. 4 Grad höher als im oberen Bereich des Stalls. Dem soll mit dem Einbau von Ventilatoren Abhilfe geschaffen werden.

Betriebszweige

Als Diversifizierer mit den Betriebszweigen Milchviehhaltung, Molkerei, Legehennen, Biogas/Photovoltaik und Direktvertrieb legt Familie Bauer keinen Schwerpunkt auf eine Maximierung der Milchleistung. Für sie steht ein Stallsystem im Vordergrund, das eine gute Tiergesundheit und einen hohen Tierwohlstandard bei möglichst geringem Arbeitsaufwand garantiert. Die wichtigste Erlösquelle stellt die eigene Molkerei und die direkte Vermarktung der dort hergestellten Produkte dar. Eine Milchleistung von 8400 Liter im Stalldurchschnitt genügt, um mit diesem Betriebszweig einen ausreichend hohen Deckungsbeitrag zu erwirtschaften – trotz erheblicher Investitions- und Personalkosten (Baukosten 2,3 Mio. exkl. Förderung, Abschreibung über 15 Jahre).

Wachstumspotential besteht bei der Produktionsmenge und der Produktpalette: derzeit werden jährlich 500.000 Liter Milch vorwiegend zu Trinkmilch, Eis, Jogurt und Milchkaffe verarbeitet. Diese Menge soll sich durch Zukauf von Milch aus der Nachbarschaft auf 3 - 4 Mio. Liter pro Jahr erhöhen. Während die Molkerei bereits ausreichend Kapazitäten für die Verarbeitung einer solchen Milchmenge bietet müssen die Bauers noch prüfen, inwieweit auch ihre Vermarktungsstrukturen einen so hohen Output bewältigen können. Die Haltung von 600 Legehennen dient vorwiegend dazu, das Produkt-Sortiment der Direktvermarktung zu erweitern (Fleisch und Eier), was wiederum die Attraktivität des Labels „Rosa Kuh“ erhöht. Die Energieerzeugung (Biogas und Photovoltaik) hat derzeit zwar noch einen erheblichen Anteil am Betriebseinkommen. Da die Förder-Verträge aber auslaufen und die gesetzlichen Bestimmungen derzeit keine Planungssicherheit bieten, gehört dieser Betriebszweig für Familie Bauer zu denen, die sie strategisch nicht weiterverfolgen wollen.

Vermarktung

Die Produkte aus der Molkerei werden direkt ab Hof, über drei Verkaufsautomaten an verschiedenen Standorten in Franken sowie über den 70 LEH -Filialen (Rewe, Edeka) und andere Hofläden in der Region angeboten. Das Label „Rosa Kuh“ – benannt nach einem Lieblingsspielzeug von Stefanie und Michael Bauers kleiner Tochter – spielt dabei eine wichtige Rolle: Es schafft eine hohe Wiedererkennbarkeit der Produkte, die die Bauers vermarkten. Ohne ein solch starkes Label wäre es für den Betrieb deutlich schwieriger, diese beim LEH und anderen Partnern zu platzieren und Kunden auf die regionale Produktpalette aufmerksam zu machen. Das Marketing-Potenzial der „Rosa Kuh“ soll künftig auch noch stärker genutzt werden – unter anderem für einen Online-Shop.

Kompostierungsställe in der Praxis

Rückblick auf zwei Lehrfahrten am 14. Oktober 2020 im Nürnberger Umland (Fortsetzung)

2. Betrieb: Die Landmilch GbR, 91189 Rohr (Ortsteil Gustenfelden)

Was vor 17 Jahren als Landmaschinengemeinschaft in Gustenfelden, Landkreis Roth begann ist heute die Landmilch GbR, ein Zusammenschluss von drei Landwirten, die gemeinsam einen Milchviehstall und die zugehörigen Flächen bewirtschaften. Sebastian Wagner (Landwirtschaftsmeister), Martin Bauer (Agraringenieur) und Richard Fleischmann (gelernter Landwirt und Maschinenschlosser) haben ihren Kompostierungsstall 2019 für 150 Kühe gebaut und sich damit in mehrerer Hinsicht für die Zukunft gerüstet: Die Herden- bzw. Stallgröße senkt die Kosten pro Kuhplatz, der Stall ist damit deutlich rentabler als die Alternative, drei kleinere Ställe neu zu bauen. Trotz der hohen Investitionskosten haben sich die drei Landwirte für einen Kompostierungsstall entschieden, weil sie perspektivisch einen Wettbewerbsvorteil von Tierwohlställen gegenüber anderen Haltungsformen sehen. Zudem erleichtert die Funktionsweise des Stalls eine klare Trennung der Aufgaben und Zuständigkeiten, was die Grundvoraussetzung für die arbeitsteiligen Betriebsabläufe schafft und ein effizientes Management ermöglicht. Freizeit und Urlaub sind durch die gegenseitige Vertretung familienfreundlich geregelt. Dadurch wird eine Weiterführung der Landwirtschaft auch für die kommende Generation attraktiv.

Betriebssspiegel

Lage:Mittelfranken, 333 - 369 m ü. NHN
Temperatur:Ø 9,8 °C
Niederschläge:Ø 600 mm
Betriebsfläche:141,5 ha Fläche (31 ha Grünland / Futterbau, 3 ha Luzerne, 40 ha Mais,
67,5 ha Getreide und Zuckerrüben)
Tierzahl:150 Milchkühe plus Nachzucht
Melksystem:2 Melkroboter Lely
Milchleistung:9000 Liter Stalldurchschnitt
Fütterung:Futtermischwagen
Bewirtschaftungsform:konventionell

Betriebshistorie

Im Jahr 2015 standen die drei Landwirte und Nachbarn gemeinsam vor der gleichen Situation: Wie sollte die Zukunft ihrer drei Betriebe aussehen? Richard Fleischmann hatte bereits mit dem Gedanken gespielt, mit der Milchviehhaltung aufzuhören. Martin Bauer stand vor der Entscheidung, das finanzielle Risiko eines Stallneubaus einzugehen, um sich zu vergrößern. Sebastian Wagner hätte gerne mehr Milch produziert und verarbeitet, war aber arbeitstechnisch durch die Molkerei gebunden. Beim Zukauf von Milch hätte er seinen Status als Direktvermarkter verloren, die Molkerei wäre steuerrechtlich ein Gewerbe geworden. Da zwischen den Landwirten bereits eine Maschinengemeinschaft bestand und sich die Zusammenarbeit bisher bewährt hatte, kam die Idee auf, eine Lösung für alle drei Betriebe zu finden: Statt der drei kleineren Ställe sollte ein großer Gemeinschaftsstall entstehen. Die Entscheidung für eine Kompostierungsstall erfolgte auf Grund mehrerer Überlegungen: Ein zukunftsfähiger Stall muss ein hohes Maß an Tierwohl sicherstellen – auch für eine große Herde. Dabei sollte er möglichst wenig Gülle generieren und maximale Flexibilität bei der Düngerausbringung (DüV) bieten. Hinsichtlich Einstreu sollte das System weitgehend auf Stroh verzichten können, da dies regional nicht in großen Mengen verfügbar ist. Beim Kompostierungsstall ist dies gegeben: der Gülleanteil reduziert sich um 40-50 %, der Kompost wird nach DüV wie Festmist behandelt und darf bis 15. Dezember ausgebracht werden. Die Kooperation von Sebastian Wagner mit der nahegelegenen Mühle Winkler ermöglicht den Bezug von Dinkelspelzen zu einem günstigen Preis und auch die Hackschnitzel können in ausreichender Menge aus der Region zugekauft werden. Die drei alten Ställe wurden beibehalten: hier kümmert sich jede Landwirtsfamilie um eine bestimmte Tiergruppe aus der gemeinsamen Herde: Kalbinnen, Färsen und Kälber werden auf die Ställe verteilt und verbleiben in der Obhut der jeweiligen Familie, bis sie entweder verkauft werden oder zur Remontierung in den Kompostierungsstall kommen.

Der Stall

Der 4500 Quadratmeter große und 14 m hohe Stall wurde von der Firmen Schindler (Betonteile) und Haas (Konstruktion) als Montagesatz geliefert und dann zusammen mit einem Zimmermann und einem Ingenieur für Betonarbeiten 2019 in Eigenregie errichtet. An die Liegefläche, die mit 10 Quadratmeter Platz pro Kuh geplant wurde grenzt stirnseitig eine 270 Quadratmeter großen Abkalbebucht mit Iglu-Bereich für die neugeborenen Kälber einerseits und auf der gegenüberliegenden Seite eine Stell- und Lagerfläche für Einstreu und Maschinen. Derzeit stehen 120 Kühe auf Kompost und 30 hochträchtige Kühe in der Abkalbebucht auf Stroh. Die beiden Fressgänge mit inges. 140 m Länge, davon 50 m nicht überdacht, befinden sich an den Längsseiten und bieten 120 Kühen einen großzügigen Fressbereich. Auf ein Fressgitter wurde verzichtet, es wurden lediglich Nackenbügel verbaut. Zusätzlich steht ein 250 Quadratmeter großer Laufhof zur Verfügung. Gegenüber dem Fressgang ist die Liegefläche um 70 cm abgesenkt, wodurch ein Fassungsvermögen von 840 Kubikmeter Kompost entsteht. Eingestreut wird mit Hackschnitzel (ca. 900 Kubikmeter/Jahr) und einer Beimischung von Dinkelspelzen (ca. 600 Kubikmeter/Jahr), die die GbR für 6 €/Kubikmeter (sowohl Hackschnitzel als auch Dinkelspelzen) bezieht und die morgens mit der Fräse und abends mit dem Grubber bearbeitet werden.
Die offenen Fronten im Zusammenspiel mit dem hohen First ermöglichen eine optimale Luftzirkulation, die die Feuchtigkeit und Wärme aus dem Kompost sowohl im Winter als auch im Sommer zufriedenstellend abtransportiert. Nach einem Turnus von 12 Monaten erfolgt eine Komplettentnahme des fertigen Komposts, der ohne Nachrotte direkt auf die Flächen ausgebracht wird. Auf Grund der der Stallgröße ist dieser Arbeitsgang aufwendig: Mit dem Ausräumen der Liegefläche sind drei Radlader einen Tag lang beschäftigt. Finanziert wurde der Stall unter anderem mit Hilfe einer doppelten Stallbauförderung: Durch den Betriebszusammenschluss, bei dem 50 % der alten Flächen ins neue Betriebsvermögen mit eingebracht werden mussten, konnten die Baukosten in Höhe von 1,5 Mio. € bis zum Betrag von 800 000 Euro mit 25 % bezuschusst werden.
Der Stall bietet Platz für drei Melkroboter, ist aber aktuell nur mit zwei Geräten bestückt. Gefüttert wird per Futtermischwagen, der zweimal täglich eine Ration bestehend aus 40 % Gras, 50 % Mais und 10 % Getreideschrot vorlegt. Die 120 Quadratmeter Spaltenboden im Wartebereich sowie der planbefestigte Fressgang werden per Schieber gereinigt. Zudem verfügt der Stall über eine Lichtsteuerung, die die Luxzahl im Stall mit dem Tageslicht draußen abgleicht und die Helligkeit entsprechend anpasst. Ab 21.30 Uhr schaltet sich das Licht zur Nachtruhe ab. Die drei Landwirte sind mit dem Stall bislang sehr zufrieden. Die Milchleistung hat sich von 8000 Liter im Stalldurchschnitt auf 9000 Liter erhöht, auch die Tiergesundheit ist im Bereich der Euter- und Klauenerkrankungen sowie der Fruchtbarkeit jetzt deutlich verbessert.
Derzeit überlegen die Betreiber, die Wärme in der Tiefe des Komposts zu Warmwassergewinnung zu nutzen. Allerdings gibt es derzeit noch keine verlässlichen Informationen darüber, ob und inwieweit ein solcher Wärmeentzug den Kompostierungsprozess ins Stocken bringen kann.

Betriebszweige und Betriebsorganisation

Neben der Kälber- und Färsenaufzucht, die in den Altställen der drei Landwirte arbeitsteilig erfolgt, ist auch der Zuständigkeitsbereich jedes Landwirts beim Gemeinschaftsstall klar geregelt: Sebastian Wagner obliegt der gesamte Bereich Fütterung, Martin Bauer ist zuständig für das Kuhmanagement (Tiergesundheit, Zucht, Prophylaxe) und Richard Fleischmann verantwortet das Kompostmanagement. Die Außenwirtschaft wird gemeinschaftlich analog zur früheren Maschinengemeinschaft besorgt. Sebastian Wagner betreibt neben dem Gemeinschaftsstall noch einen Legehennenbetrieb mit 5500 Hennen und mästet 600 Weidegänse und 300 Bronceputen. Zusätzlich existiert seit 2006 die Hofmolkerei Wagner, die 2014 mit einem Neubau erweitert und vergrößert wurde sowie ein eigener Hofladen. Auch Richard Fleischmann hält neben dem Milchvieh im Gemeinschaftsstall noch 400 Legehennen sowie 60 Gänse und 60 Enten. Fleisch, Eier und die Molkereiprodukte von Sebastian Wagner vermarktet er direkt auf mehreren Wochenmärkten. Durch die verschiedenen Strukturen der einzelnen Betriebe hat der Gemeinschaftsstall bei jedem der drei Landwirte einen unterschiedlich hohen Anteil am Betriebseinkommen.

Vermarktung

Die Wagner Hofmolkerei bezieht ihre Milch ausschließlich von der Landmilch GbR. Was die Hofmolkerei nicht verarbeiten kann, wird an die Molkerei Zott abgeliefert. Die Produkte aus der Hofmolkerei werden anschließend zusammen mit den Geflügelerzeugnisse (Wagner, Fleischmann) und dem Rindfleisch über den eigenen Hofladen, auf vier verschiedenen Wochenmärkten und in über 17 Partner-Betrieben (Hofläden, Lebensmittelläden, Cafes) in der Region verkauft. Zusätzlich bestehen Partnerschaften mit einer Mühle, einem Obstbaubetrieb und einem Metzger, die das Produktsortiment erweitern und damit die Marke für die Kunden attraktiver macht. Die enge Vernetzung der verschiedenen betrieblichen Aktivitäten steht unter dem Motto „Regional-Nachhaltig-Gemeinschaftlich“. Kunden, die solche Produkte suchen, erwarten Transparenz, eine verantwortungsvolle Tierhaltung mit hohem Tierwohlstandard und die Rückverfolgbarkeit der einzelnen Produktionsschritte. Bei der Landmilch GbR ist all dies gegeben: Produktion, Verarbeitung und Verkauf finden im Radius von wenigen Quadratkilometern statt, und von der tiergerechten Milcherzeugung kann sich jeder Kunde beim Besuch des Kompostierungsstalls selbst überzeugen.

C. Kretzer - ALB, Freising im November 2020

VERANSTALTER

  • Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, stellvertretend Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Schweinfurt (AELF Schweinfurt)

  • ALB Bayern e.V.