Mit Naturbaustoffen Geld sparen
Bauherr: Fritz Stiegler
Konzept: dürschinger architekten, Fürth
Geschichte des Stieglerhofes
Bauherr Fritz Stiegler erzählt:
Unsere Vorfahren waren Glaubensvertriebene aus Kärnten. Seit dem Ende des dreißigjährigen Krieges blieb der Hof in Familienbesitz. Ein Großbrand im Jahr 2014 hatte alle historischen Gebäude vernichtet, nur die alte Schmiede blieb verschont. Das markante Sandsteingebäude wurde als Blickfang für den Hof in seiner ursprünglichen Form belassen. Als 25-jähriger übernahm ich 1987 zusammen mit meiner Frau den Betrieb, der sich bis dato mit 15 Kühen, 5 ha Zuckerrüben und 40 ha Betriebsfläche, davon 13 ha Wald mehr recht als schlecht über Wasser gehalten hatte. Ab 1992 bis 2005 wurden bis zu 11 ha Tabak angebaut. Ab 1996 kam eine Pferdepension mit 9 Einstellern dazu. Derzeit befinden sich 31 Pferde in den Ställen und verdrängten nach und nach die Milchkuhhaltung.
Mit dem Ende der EU-Förderung für Tabak stieg der Betrieb mit einer Fläche von 4 ha auf Haselnussanbau um. Kontinuierlich wurde die Fläche auf 9 ha ausgeweitet. Unser Sohn Martin hat sich mit der Weiterverarbeitung der Nüsse zu gerösteten Produkten, Haselnussgeist, Nudeln, Öl, Nougat etc. einen neuen Betriebszweig aufgebaut, musste aber viel improvisieren, weil auch der gerade erst fertiggestellte Hofladen und die Produktionsräume dem Brand zum Opfer fielen. Ständig gibt es seit dem Wiederaufbau in den Gebäuden Veränderungen. Derzeit wird ein Kühlraum installiert, der Raum für die Nougatproduktion in andere Räumlichkeiten verlegt, neue Lager errichtet, weil der Haselnussanbau für ständig neue Innovationen sorgt. Die Holzbauweise erleichtert uns den steten Wandel auf dem Hof - 2017 wurde der Betrieb zudem auf Bio umgestellt - und sorgt dafür, dass sich Auge und Zweckmäßigkeit nicht auf die Füße treten.Baukultur - Architektur
Aus städtebaulicher Sicht war es uns wichtig den für die mittelfränkische Region ortstypischen Dreiseithof aus Wohnhaus, Stall und Heulager wiedererkennbar aufzubauen. Die neuen Häuser, die durch die Selbstvermarktung des Haselnußanbaus notwendig geworden sind, wurden dabei selbstverständlich und mit unverwechselbarem Charakter in die Hofstelle integriert. So bilden das neue Wohnhaus an der Dorfstrasse und der Hofladen mit alter Schmiede den feinsinnigen Auftakt und die Nahtstelle zum Innenhof. Durch ein Zurückweichen von der nördlichen Grenzbebauung entsteht hier das zusätzliche Angebot eines intimen Kastanienhofes, gedacht zur Verkostung und als Freibereich für den späteren Ausbau der alten Schmiede zu einer kleinen Kaffeestube. Während die folgenden Nebengebäude den Innenhof funktional und klimatisch nach Westen hin umschliessen, liegt an der Südseite des Wohnhauses an topographisch höchster Stelle die Austragswohnung mit elterlichem Bauerngarten und eigenem Zugang.
Konstruktion und MaterialitätDurch die parzielle Wiederverwendung und die Aufbereitung des historischen Sandsteinmauerwerks konnte die nördliche Grenzbebauung brandschutztechnisch für die neuen Bauteile und die räumlich notwendige Grösse des Innenhofes erhalten werden.
Heimischer Sandstein steht dabei erinnernd und sichtbar für die Geschichte und Erdverbundenheit des Stiegler-Hofes und wurde mit traditioneller Holzbauweise aus heimischem und eigenem Fichten- und Kiefernholz ergänzt. Die Verwendung dieser beiden Baustoffe für Konstruktion und Fassade formt die Bauteile des Haselnuß-Hofes und der angrenzenden Reitställe zu einer haptischen Einheit.
Die zurückhaltende Detailausbildung der Holz- Bodendeckelschalungen, der scharfen Übergänge von Aussenwänden und Ziegeldächern erinnern dabei an den mittelfränkischen Bauernhaustypus mit seinen landwirtschaftlich sparsamen Nebengebäuden.
Die südlich asymmetrischen Satteldächer sind vorwiegend der solaren Energiegewinnung durch integrierte Fotovoltaik-Paneele geschuldet. Alle Höfe und Vorplätze sind mit neuen heimischen Hofbäumen bepflanzt, der Bauerngarten mit einem Apfelbaum. Auch sie werden dazu beitragen das neue Hofkonzept wieder im Dorf zu verankern.