Dienstag, 19. März 2024
Arbeitsgemeinschaft Landtechnik und Landwirtschaftliches Bauwesen in Bayern e.V.

3. Online-Seminar der vierteiligen Seminarreihe "Regionales Bauen in der Landwirtschaft" am 02. Dezember 2021

BERICHT

Stallkonzept für Pensionspferde und Mastfärsen mit Schlachtung vor Ort

Referent: Landwirt Matthias Ochsenkühn aus Tyrolsberg bei Neumarkt (NM) und Maximilian Hofinger, Bauberater am AELF Regensburg-Schwandorf

Matthias Ochsenkühn
Matthias Ochsenkühn
Max Hofinger
Max Hofinger

Pensionspferde und Fleischrinder unter einem Stalldach – wie ist das bautechnisch zu lösen, damit dem Tierwohl und der Wirtschaftlichkeit Rechnung getragen wird? Als Besonderheit kommt als dritte Nutzung ein Schlachtraum (minimaler Stress für Tiere beim Schlachten und sehr kurze Wege) hinzu, der sich stimmig in das Konzept einfügen soll. Die Landwirts-Familie Ochsenkühn wohnt auf der Hofstelle im Ort Tyrolsberg. Der Stall wurde am Standort der Aussiedelung gebaut. Matthias Ochsenkühn und Maximilian Hofinger, Bauberater am AELF Regensburg-Schwandorf, stellten das Konzept vor.

Dreifach-Nutzungskonzept unter einem Dach: Pensionspferde, Mastfärsen und Schlachtung
Dreifach-Nutzungskonzept unter einem Dach: Pensionspferde, Mastfärsen und Schlachtung

Daten zum Betrieb Ochsenkühn:

  • 2012 Übernahme des elterlichen Betriebs
  • Vollerwerb seit April 2021
  • 2 Vollzeit-Arbeitskräfte (Betriebsleiter-Ehepaar)
  • 2 Teilzeitarbeitskräfte (Eltern des Betriebsleiters)
  • 30 ha konventionelle landwirtschaftliche Nutzfläche komplett für Grünland
  • 70% Heugewinnung, 30% Siloballen
  • Zwei Hauptbetriebszweige: Mast von Färsen, 42 Rinder der Rasse Limousin in einer Großgruppe (Tretmiststall) mit Zerlegung und Direktvermarktung des Fleisches und Pensionspferdehaltung mit insgesamt 17 Plätzen im Offenstall mit arrondiertem Paddock, Weideflächen und Reitplatz
  • Mitglied der regionalen Vermarktungsmarke „Juradistl Weiderind“ in der Oberpfalz
  • "Betrieb der biologischen Vielfalt"

Sehr gute Startvoraussetzungen für die betriebliche Entwicklung bestehen dadurch, dass Matthias Ochsenkühn auf den Industriemeister Metall den Landwirt aufsattelte und seine Frau Daniela zur Bürokauffrau noch die Ausbildung als Pferdewart absolvierte.

Das Stall-Bauwerk selbst ist nach Hofinger eine interessante Kombination aus relativ modernen Bauweisen (z. B. Beton-Fertigteile, weit gespannte Holzleimbinder) und klassischen Zimmermanns-Konstruktionen (z. B. Fachwerkgiebel, hölzerne Windverbände, Wandverschalung außen als klassische Boden-Decke-Schalung). Bei der Planung und Konzeption habe das Betriebsleiterehepaar sehr großen Weitblick bewiesen, dadurch dass bereits heute an eine Nachnutzung eventuell in weiteren Generationen gedacht und dies in verschiedenen Ausführungsdetails berücksichtigt wurde.

... dass sich mit Kreativität und Eigenleistung vorhandene Bausubstanz kostengünstig weiternutzen lässt
... dass sich mit Kreativität und Eigenleistung vorhandene Bausubstanz kostengünstig weiternutzen lässt
Die Umsetzung eines alten Weideuntestandes an einen neuen Standort ist ein Beispiel, ...
Die Umsetzung eines alten Weideuntestandes an einen neuen Standort ist ein Beispiel, ...

Als Besonderheit sprach Hofinger ein auf der Aussiedlung bereits vorhandenes Offenstall-Gebäude an, das am falschen Platz stand und eben nicht abgerissen und entsorgt wurde, sondern mit einem großen und sehr mutigen Kranhub innerhalb weniger Minuten an einen neuen Standort versetzt wurde.

Matthias Ochsenkühn schilderte die Entscheidungsgründe für das Bauvorhaben:

  • Weideunterstand auf der Koppel nicht mehr zeitgemäß
  • weg von der alten Stalleinrichtung mit Anbindehaltung
  • möglichst viel Arbeitserleichterung
  • weg von der Gülle
  • mehr Tierwohl für Rinder und Pferde

Die baulichen Veränderungen begannen mit der Anlage eines besonderen Reitplatzes ohne Matten und rein mineralischem Aufbau:

  • 35 cm starkes Schotterbett (bis 1,50 m im Gefälle) als Unterbau
  • alle 5 m Dränagen verlegt
  • 10 cm mineralische Trennschicht mit 0/16er Beton-Baustoffgemisch
  • Tretschicht aus gewaschenem Sand und Hackschnitzeln aus dem eigenen Wald

Viel Eigenleistung

Damit eigene Ideen und Erfahrungen einfließen konnten, musste das Konzept reifen. Fertiggestellt wurden Plan und Statik vom Architekturbüro aus dem Nachbarort.

Im Jahr 2017 begann das Stall-Projekt der Familie Ochsenkühn:

  • mit selbstständigem Humusabtrag
  • Erstellung eines Regenrückhaltebeckens in Eigenleistung
  • Verlegung von Zuleitungen in Eigenleistung
  • Erstellung des Unterbaus (rund 4.000 t Schotter)
  • Körbe der Fundamente und zwölf Köcherfundamente selbst gefertigt
  • Einbau einer Sauberkeitsschicht in Eigenleistung
  • Betonieren (350 cbm Beton) der Bodenplatten in Zusammenarbeit mit einem regionalen Unternehmen
  • Aufstellen der Beton-Fertigteile in Eigenleistung mit angemietetem Autokran
  • Holzbau durch Zimmerei (Zukauf der Leimbinder), Herstellung von Giebelkonstruktionen, Pfetten, Windverbänden über Abbundanlage
  • Binder und Koppelpfetten stirnseits mit Schwalbenschwanz-Ausfräsungen (gesamte Konstruktion ohne Blechbalkenschuhe)
  • Koordination der Anmietung 21-m-Teleskoplader und Kranwinde (Drehkranz mit Fernbedienung) zum Einsetzen der Binder, zwei Gelände-Arbeitsbühnen mit je 21 m Reichweite in Eigenleistung
  • Stalldach (Sandwichpanel mit 40 mm Schaumkern; 50 mm starke Außenschicht mit mittig geteilten Bahnen)
  • Aufkleben von Gleitbahnen auf alle Pfetten zur Geräusch-Unterdrückung
  • Montage des Lichtfirstes in Eigenleistung
  • Futtertisch mittig über die komplette Länge des Stalls flügelgeglättet und über zwei Sektionaltore zu beschicken
  • Firsthöhe von 10,50 m erlaubt ein gerades Auffahren der Tore (Besonderheit)
  • Mistachse des Tretmiststalls der Rinder dient zugleich als Ausgang auf die Koppel
  • unter hinterem Dachüberstand 450 Rundballen Heu und Stroh
Gemeinsamer Futtertisch für Pferde und Mastfärsen
Gemeinsamer Futtertisch für Pferde und Mastfärsen

Pferde können 24 Stunden lang fressen

Im April 2018 konnte der Einzug der Rinder und schrittweise der Pferde stattfinden. Eine Sattel- und eine Futterkammer (frostfrei durch Fußbodenheizung) mit Zugang vom Putz- und Sattelplatz wurden erstellt. Letzterer wurde gleichzeitig als Schleuse ausgeführt, um zu verhindern, dass beim Herausholen eines Pferdes durch seinen Besitzer nicht noch ein zweites ins Freie mitdurchschlüpft. Ebenfalls wurde mit dem oberen Bereich des Paddocks begonnen, weil hier der alte Weideunterstand im Weg war. 2020 wurde der Schlachtraum mit Schmutzschleuse, vorgeschriebener Toilette und einer Box für den Transport eines geschlachteten Rindes zum Zerlegeraum an der Hofstelle integriert, wofür Ochsenkühn die EU-Zulassung erhielt.

Das vorläufig letzte Projekt ist ein Aufenthaltsraum für die "Pferdemädels"über der Sattelkammer, mit dem bereits begonnen wurde. Er wird über eine Außentreppe erreicht und man kann durch ein bodentiefes Fenster in den Stall schauen.

Dann musste noch ein Parkplatz mit Hängerstellplätzen und Zufahrt für die Besitzer der Pensionspferde geschaffen werden.

Die Kosten für den Stallbau schätzt Matthias Ochsenkühn auf rund 370.000 Euro netto, was jedoch nur durch eine außergewöhnlich hohe Eigenleistung möglich war.

Fressständer für die Pferde
Fressständer für die Pferde

Die Fressständer wurden mit eigenem Holz selbst gebaut. Das Gerüst besteht aus verzinktem Stahl. Die Pferde stehen circa 20 cm tiefer als die Oberfläche des Futtertischs. Die Liegeflächen sind mit Raumteilern abgetrennt. Alles wirkt sehr beruhigend auf Pferde. Ein Lappentor auf der Wetterseite und ein Schubtor ermöglichen Wind- und Temperaturschutz. Außerdem gibt es eine Integrations- oder Krankenbox die z.B. für den Besuch des Tierarztes mit zwei schwenkbaren Gattern schnell aufgebaut wird. Der letzte Meter der unterirdisch gespeisten Tränken wird beheizt. Die Tränken sind außen an der Koppel angebracht, damit sich die Tiere mehr bewegen, und um dem Herdengebaren und dem von den Tieren gewollten Sichtkontakt zu entsprechen.

Durch die außen an der Koppel angebrachten Tränken, bewegen sich die Tier mehr und es wird dem Herdengebaren und dem von den Tieren gewollten Sichtkontakt mehr entsprochen
Durch die außen an der Koppel angebrachten Tränken, bewegen sich die Tier mehr und es wird dem Herdengebaren und dem von den Tieren gewollten Sichtkontakt mehr entsprochen

Zur Fütterung werden – das gilt für Rinder und Pferde – komplette Rundballen auf den Futtertisch gefahren, aufgeschnitten und über die Fläche nach vorn gerollt.

Dank dieser Arbeitsweise kann auf einen Futtermischwagen verzichtet werden. "Unsere Pferde haben 24 Stunden Heu zur Verfügung", sagt Matthias Ochsenkühn. Für 17 Pferde reicht ein Rundballen Heu für circa 1,5 Tage aus. Teils wird Stroh dazugemischt. Die Liegeflächen streut er mit einer Eigenmischung aus gehäckseltem Stroh, Kalkbrechsand und Sägespänen ab. Er kann die Bestandteile in Lagen ausbringen, die Pferde vermischen sie mit der Zeit selbst. Lediglich die Rossballen werden abgemistet und dann händisch auf die Bewegungs- und Mistflächen geworfen und die Fressständer ausgekehrt, bevor Lader oder Elektrostapler und Besen zum Einsatz kommen, um den Mist zum Mistlager zu befördern. Die Mistmatratze verbleibt je nach Witterung und Belegung etwa acht bis zwölf Wochen im Stall.

Mastfärsen im Tretmiststall gegenüber

Im 6 m breiten Liegebereich der Mastfärsen wird jede Sorte von Stroh ungeschnitten von Hand eingestreut
Im 6 m breiten Liegebereich der Mastfärsen wird jede Sorte von Stroh ungeschnitten von Hand eingestreut

Gegenüber der Pferdeboxen liegt – getrennt durch den Futtertisch der Tretmiststall der Mastfärsen. Im Liegebereich wird jede Sorte Stroh von Dinkel-, über Triticale-, und Gerstenstroh ungeschnitten von Hand eingestreut. "Wir wollen den Bezug zu den Tieren und wollen in die Herde hineingehen, darum rollen wir zwei Rundballen Stroh in den Stall und gabeln sie händisch aus", sagt Matthias Ochsenkühn. Dieses Ausmisten dauert ungefähr 15 Minuten und ist alle drei Tage erforderlich. Die Mistachse vorne (3,50 m) wird einmal täglich mit dem Lader durchgeschoben und entmistet, ebenso der gepflasterte Außenbereich zur Koppel. Die Abtrittstufe wurde bewusst auf 20 cm Höhe gelegt, damit mehr Raum für den sich abtretenden Mist entsteht. Ganz wichtig war es dem Betriebsleiter, eine vollkommen ebene Bodenplatte zu haben, um die Gefahr zu verringern, dass die Mistflüssigkeit über das Gefälle an der Bodenplatte nach vorne sickert und der Mist oben austrocknet. Es gibt auf der genannten Flächengröße 42 Fressplätze.

Zum Separieren der Tiere vor der Schlachtung wird eine an der Wand verstaute und mit Faltgelenk versehene mobile Abtrennung genutzt
Zum Separieren der Tiere vor der Schlachtung wird eine an der Wand verstaute und mit Faltgelenk versehene mobile Abtrennung genutzt

Im Durchschnitt hat die Familie Ochsenkühn jedoch nur zwischen 35 und 40 Rinder im Stall, ist daher sogar unterbelegt und hält Tiere unter besseren Bedingungen als es der Bio-Standard vorschreibt. "Unser Stall funktioniert wirklich gut, wir haben immer eine Mistmatratze von circa 30 bis 40 cm", weiß Matthias Ochsenkühn zu berichten. Es wird auch immer die komplette Fläche eingestreut. Die Tiere sind immer sauber.

Selbstfanggitter sind kombiniert mit beheizten Tränken (selbst hergestellt), weil der Liegebereich davon frei sein soll. Dass dabei drei bis vier Fressplätze weggefallen sind, stört den Betriebsleiter nicht. Die Fressgitter werden auch gebraucht, um Tiere vor dem Schlachten auf stressfreie Art zu separieren.

Beweidung getrennt, Mistlagerung gemeinsam

Bis auf zwei Koppeln kann Ochsenkühn bei der Beweidung komplett Rinder zu Pferden und Pferde zu Rindern durchtauschen. Eine gemeinsame Beweidung wurde schon ausprobiert. Es gefiel allerdings den Pferdebesitzern nicht, wenn sich Pferde mit Kuhmist beschmutzt hatten.

Der erste Grünlandschnitt wird für das Heumachen (Pferde) verwendet. Den zweiten Schnitt nutzt der Betriebsleiter für die Rinder, ebenso Kleegräser. Der Mist von Pferden und Rindern wird gemischt und im Mistlager (20 m breit, 10 m tief) zwei bis drei Mal umgesetzt, bevor er auf dem Grünland ausgestreut wird. Dieser Mist ist so gut kompostiert, dass er sogar zwischen erstem und zweitem Schnitt ausgebracht werden kann.

Rinderschlachtung und Pensionspferde-Haltung sind vereinbar

Dass seit dem Stallbau nur in wenigen Ausnahmefällen der Besuch eines Tierarztes notwendig war, ist für Matthias Ochsenkühn die größte Bestätigung des von ihm erdachten Konzepts. Die Schlachtung, so sagt er, ist keine Sache, die er vor den Pferdebesitzern verstecken muss. Etwa 70 Prozent dieser Kunden kaufen auch das Fleisch bei der Familie Ochsenkühn. Wichtig ist ihnen, dass man der Schlachtung mit Ehrfurcht begegnet.

Berichterstattung:
E. Hormes, K. Elbs, M. Müller

ZUM FACHVORTRAG

Stallkonzept für Pensionspferde und Mastfärsen mit Schlachtung vor Ort

Referenten: Landwirt Matthias Ochsenkühn aus Tyrolsberg bei Neumarkt (NM) und Maximilian Hofinger, Bauberater am AELF Regensburg-Schwandorf


VERANSTALTER

  • Arbeitsgemeinschaft Landtechnik und Landwirtschaftliches Bauwesen in Bayern e.V. (ALB)
  • Bayerische Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (ÄELF)

Kooperationspartner

  • Landeskuratorium der Erzeugerringe für tierische Veredelung in Bayern e.V. (LKV)
  • BBV Landsiedlung GmbH, München
  • BBA Baubetreuung GmbH, Amerang

Finanzielle Förderung

Die Online-Seminare erfolgen mit finanzieller Unterstützung durch das Bayerische Staatministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF).