2. Online-Seminar der vierteiligen Seminarreihe "Regionales Bauen in der Landwirtschaft" am 25. November 2021
BERICHT, TEIL 2
Milchviehställe mit vorbildlichen Baudetails
Referent: Konrad Knoll, Bauberater am AELF Weilheim
Im zweiten Teil des Seminars präsentierte Konrad Knoll neben den üblichen Bauweisen auch Beispiele aus der aktuellen Wanderausstellung "Stallbauten - Teil unserer Kulturlandschaft". Diese haben in bestimmter Weise Vorbildcharkater, z.B. in Hinsicht auf Klimaschutz, eine verbesserte Lüftung, durchdachte Gebäudequerschnitte oder wegen der Verwendung umweltfreundlicher Materialien.
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Oft gebaut: das Sandwichdach
In seinem Vortrag sagte Knoll Wesentliches über gute und schlechte Dächer von Kuhställen, Nachhaltigkeit, und Hitzeschutz. Die Standardlösung "rotbraunes Sandwichdach" (zwei Lagen Blech plus Schaum dazwischen) ist weitverbreitet, würde aber in hellgrauer Farbe um circa 8 °C weniger heiß werden. Der Polyesterharzlack auf der Oberfläche verwittert über viele Jahre und setzt kleinste, unsichtbare Mikroplastikpartikel frei, die in Gewässer gelangen oder versickern. Beim Blech habe man heute keine Alternative mehr. Früher hat verzinktes Blech ausgereicht, heute beklagen viele, dass die Verzinkung schlecht sei. Es gibt einzelne Betriebe, die verzinkte Bleche auf überdachten Liegeboxen haben, was sich ökologisch sehr gut vertreten lässt, weil dann die Problematik des Mikroplastikeintrags nicht besteht. Überhaupt ist dieses Problem kaum jemandem bewusst.
Der Energieaufwand für die Herstellung ist zwei- bis dreimal höher als für eine Lage Dachziegel oder Blech. Sandwichbleche sind nur auf Koppelpfetten verlegbar. Dadurch wird eine schlechtere Belüftung der Dachunterseite erreicht. Die Luft streicht nur wenig unter der Dachhaut der Innenseite entlang, weil sie durch die Koppelpfetten daran gehindert wird. Hierdurch wiederum bildet sich mit zunehmendem Alter eine Schmutzschicht, die auch einmal schimmelig werden kann. Es dringt teils Wasser in die Platten ein. Man konnte schon Wasser im Schaum nachweisen, das vor allem von undichten Verschraubungen oder auch von Kondensaten herrührt. Deshalb führen Hersteller in ihren Geschäftsbedingungen auf, dass die Verschraubungen jährlich zu kontrollieren und nachzuziehen sind. Oft dringt schon bei Neubauten nach einem Jahr Wasser ein, wenn das Holz nach Fertigstellung etwas schwindet, Schrauben nicht mehr ganz festsitzen und die obere Gummidichtung unter der Kalotte nicht mehr richtig auf das Blech gepresst wird. Hier ist unbedingt darauf zu achten, dass nachgezogen wird, um Dichtigkeit bei der Verschraubung zu erreichen.
Es bleibt trotzdem das Problem, dass man bei langen Blechen Langlochbildung bekommt. Knoll hat schon Bohrungen gesehen, die durch temperaturbedingte Ausdehnung die Größe eines 1-Euro-Stückes hatten. Nach einigen Jahren wird sichtbar, dass auch nur durch geringes Kondensat an der Innenseite des etwas kühleren Blechs bei feucht-warmer Luft im Stall ein ganz leichter Feuchtefilm entsteht. Dem Holz macht das nichts aus. Aber vor allem in den Fugen (Kältebrücken) ist die Feuchte etwas stärker und hier setzt Schmutz- und nachträglich Schimmelbildung an.
Zu den Vorteilen des Sandwichblechs, kurze Installationszeit und schnelle Bedachung, zählt auch der Preis, der im letzten Jahr aber auch anzog und 2021 bei rund 50 bis 60 Euro/qm ohne Verlegung angekommen ist. Die Kantbleche verteuerten sich besonders.
Früher sehr verbreitet war die Bauweise, bei der unter der Holzkonstruktion und unter dem Ziegeldach Schaumkunststoffplatten zur Wärmedämmung an der Dachinnenseite befestigt wurden. Viele Landwirte haben mit diesen Dachkonstruktionen und Dämmelementen im Brandfall schlechte Erfahrungen gemacht. Bei Bränden tropfen diese Schäume glühend ab und verletzen die Tiere. Der Kunststoff führt zu starker, giftiger Rauchgasbildung. Man kann Tiere nur unter schwierigen Bedingungen und mit Atemschutz retten. Konrad Knoll ist der Meinung: So sollte nicht gebaut werden. Während eines Brands besteht Lebensgefahr für Mensch und Tier. Nach dem Brand besteht das Problem der Entsorgung.
Stahlblech auf selbsttragender Holzkonstruktion und drohende Einsturzgefahr
Bei der Bauweise "Stahlblech auf selbsttragender Holzkonstruktion", fällt an der Dachunterseite oft Kondensat an, das dann abtropft. Am Stallboden kann dies mitunter zu Glatteis führen. Unter diesem Dach ist es bei Regen laut. Besonders nachteilig aber ist, dass kondensierendes Wasser zu starken Fäulnisschäden am Holz und zu Rost am Blech führt. Die Abdeckungen auf den Pfetten, häufig diffusionsoffene Bahnen oder Bitumenbahnen, halten dem nur bedingt stand. In einem Beispiel musste ein Stall nach 18 Jahren Nutzungsdauer wegen Einsturzgefahr rückgebaut werden. Dabei waren die schlechtesten Pfetten vollkommen zerstört. Der Stall wurde über Jahre immer wieder ausgebessert, es wurden Pfetten ersetzt, bis es nicht mehr ging. Man hatte mit dieser Konstruktion versucht, Hitzeschutz unter dem heißen Blech zu gewährleisten, indem man die Ställe höher baute und die warme Luft mit großen Lüftern hinausblies. Das Problem der Schäden am Holz durch Kondensat wurde damit jedoch nicht gelöst. In einem anderen Beispiel war das Blech bereits nach 12 Jahren an vielen Stellen durchgerostet. Die als besonders kostengünstig beworbene Bauweise stellte sich nur als geringfügig preiswerter heraus und hatte einen teuren Neubau nach vergleichsweise kurzer Zeit zur Folge.
Wie sieht der Stall der Zukunft aus?
Knoll ist davon überzeugt, dass man mit naturbelassenem Holz, mit Dachziegeln und anderen umweltfreundlichen Baustoffen vieles besser, dauerhafter und einfacher machen kann. Ein alter windschiefer Stadel ist für Knoll ein guter Lehrmeister. Dieser wird praktisch ohne Müllentstehung, ohne Abbruchenergie entsorgt und es bleibt nichts zurück, das nicht von Natur aus zersetzt werden kann. Erfahrungen sammelte er im Bregenzer Wald, wo Ställe nahezu ausschließlich mit unbehandeltem Holz gebaut werden. Die Ställe sind in die Landschaft integriert und insgesamt vergleichsweise umweltfreundlicher erbaut. Man findet Baukultur bis ins Detail. Eben diese Art des Stallbaus empfiehlt Knoll in der Praxis umzusetzen.
Knoll führte Versuche mit Rauchpulver und Nebelmaschine durch und konnte aufzeigen, dass
- die Trauf-First-Lüftung in größeren Ställen nicht mehr funktioniert oder nicht so funktioniert, wie man es sich vorstellte
- die Querlüftung auch bei flachen Ställen gut erfolgt
- ein Satteldach und der geöffnete First zum Abreißen der Querlüftung führt (und nicht die Gebäudebreite ab > 20 m).
Wie die Bauberater in 50 m langen Ställen mit beidseits offenem Futtertischtor feststellten, gibt es auch über diese Distanz einen guten Durchzug. Die Frage lag nahe, warum die Querlüftung über 25 m nicht machbar sein soll? Knoll spricht hier von der Gartenschlauch-Theorie: "Bei einem Schlauch ist es egal, wie lang er ist, in jedem Fall läuft das Wasser, das vorne reinfließt, hinten wieder heraus, so lange er dicht ist."
Und genau dies ist der Punkt, den man beim Satteldach mit 20° Dachneigung und First mit Abluft falsch gemacht hatte. Denn die Geschwindigkeit der Zuluft im Stall nimmt nach Knoll durch zunehmende Raumhöhe ab und geht durch den offenen First raus. Deshalb hat man in der gegenüber liegenden Stallhälfte nur noch eine geringere Luftbewegung. Hinzukommt an heißen Tagen häufig fehlender Wind. Dies bewirkt, dass die Zuluft im Stall weitgehend wegfällt. In diesen Fällen muss man an heißen Tagen mit elekrischen Lüftern arbeiten. Dabei ist zu beachten: Kühe mit einer höheren Milchleistung sind viel hitzeempfindlicher als Kühe mit einer geringeren Leistung.
Als 2002 im Allgäu der erste flache Stall mit Grasdach gebaut wurde, bestätigten sich diese Ergebnisse. Dieser Stall wurde oft besichtigt und inzwischen gibt es weitere Ställe mit flachen Dächern, mit und ohne Begrünung.
In einem Stall mit Schmetterlingsdach funktioniert Querlüftung theoretisch am besten, wenn es vollkommen geschlossen ist
- weil der Zuluft-Querschnitt größer ist als der Querschnitt des Gebäudes in der Mitte
- weil die Luftgeschwindigkeit durch den geringeren Querschnitt zunimmt
- weil damit die Luft auf der anderen Seite herausgedrückt wird
Bei einem ausreichenden Vordach hätte man zudem auch auf der Südseite keine Sonne im Stall. Gleichzeitig hat man aber sehr viel tiefstehende Wintersonne weit hinein in den Stall. Ca. 4 m offene Wandhöhe bringen ungefähr 12 m Sonne im Stall. Damit erklärt sich, warum Ställe mit der langen Seite nicht gegen die Hauptwindrichtung Westen (mit dem geschlossenen Giebel nach Süden) ausgerichtet werden sollten, weil man nämlich auf diese Weise nie Wintersonne in den Stall bekommt.
Dem Grundstückszuschnitt und der Hanglage muss selbstverständlich Rechnung getragen werden. Kann jemand seinen Stall aus gegebenen Voraussetzungen heraus nicht in die Wintersonne stellen, muss das Baukonzept angepasst werden. Mit offenen Dachstreifen beispielsweise kann man bebaute Fläche reduzieren, wenn man dabei den Laufhof in den Stall legt. Aber leider verschlechtert man dadurch den Hitzeschutz, weil
- die steil stehende Sommersonne in den Stall scheint und mehr Hitze eindringt
- die Kühe beim Fressen in der Sonne stehen
- das Futter in der Sonne liegt
- teilweise Liegeboxen in der Sonne stehen
- und die Tiefboxen dann austrocknen und staubig werden.
Ein flach geneigtes, geschlossenes Pultdach kann eine sehr gute, preiswerte Lösung sein, weil die Lüftung funktioniert und die Hüllfläche des Stalles verkleinert ist, was Kosten spart und den Hitzeeintrag verringert.
Mit einem entsprechenden Dachaufbau kann der Hitzeschutz weiter verbessert werden, wobei Hitzeschutz und Lüftung an heißen Tagen immer im Widerspruch stehen. Denn eigentlich muss man einen Kuhstall besonders an heißen Tagen immer sehr gut lüften. Andererseits müsste man zur Reduzierung des Hitzeeintrags den Stall eigentlich verschließen. Durch warme Luft wird auch Wärme in den Stall gebracht und es stellt sich die Frage, ob man nicht den kühlenden Effekt eines sehr guten Hitzeschutzes durch das schattenspendende Dach zum Teil wieder verliert bzw. wie stark sich das dann auf die Stalltemperatur auswirkt.
Knoll zeigt als Beispiel einen angebauten Liegeboxen-Laufstall für Kühe. Die jungen Rinder sind im alten, ehemaligen Anbindestall im hinteren Bereich untergebracht. Im Anbau befindet sich der Melkstand, Liegeboxen, Laufgang, Doppelboxen, Fressgang und Futtertisch. Die Lüftung funktioniert nach Aussage des Betriebsleiters sehr gut. Es ist kaum vorstellbar, dass sich dies ändern würde, wenn man das sehr flach geneigte Satteldach als Pultdach ausführen und auf den Lichtfirst verzichten würde. Aber man würde ca. 30.000 Euro Kosten sparen. Mit Beispielen wie diesen tastet sich die Bauberatung an optimale Lösungen heran. Wenn man sieht, es gelingt in dieser Bauweise, dann funktioniert es auch mit der günstigeren Pultdachform. Der Dachaufbau besteht lediglich aus Kies, 3 cm Styrodur und einer Teichfolie, die in der richtigen Größe zugeschnitten geliefert wird und nur noch verlegt werden muss. Darunter befindet sich die Holzschalung. An der Dachschalung kann die Luft sauber durchstreichen. Oberhalb der Koppelpfetten gibt es eine Luftlattung. Ansonsten ist es eine verhältnismäßig einfache Konstruktion.
Kühe genießen Wintersonne. Dafür ist ein Laufhof oder eine offene Südfassage nötig. Eine offene Südfassade ist besser, dann können die Kühe bequem in ihren gut gepflegten Tiefboxen liegen bleiben.
- eine Massivholzdecke (9 bis 12 cm starke Holzscheiben, die auf den Bindern liegen und die Decke bilden. Sie können aus verleimten Holztafeln, aus aneinander gelegten Balken mit Doppelnut- und -feder oder aus Brettstapelelementen bestehen. Für Massivholzdecken zahlt man heute bereits 70 Euro/qm.)
- eine Dachbegrünung (beim Gründach ist der Bewuchs entscheidend und zu einem gewissen Teil die Dicke und der Wassergehalt des Aufbaus. Sind sie sehr dünn und im Sommer nach einer Trockenperiode auch sehr trocken, dann ist auch der Hitzeschutz weg. Es ist dann zu überlegen, ob man eine Dachbegrünung bewässert.)
- oder ein Holzfaserplatte auf der Dachschalung
Darüber hinaus, morgens eine geschlossene Ost- und abends eine geschlossene Westfassade (keine Giebeldreiecke aus Kunststoffplatten) sowie die Verschattung der Nordfassade durch westlich und östlich vorgelagere Bepflanzung. Die Südfassade ist duch ein Vordach zu verschatten. Offene Dachstreifen und Lichtfirste tragen die Sommerhitze in den Stall. Die Kühe müssen sich beimn Fressen in die Sonne stellen und meiden die heißen Liegeboxen. Sie stehen oder liegen dann in verschatteten Laufgängen. Sofern Lichtfirste nützlich sind (Satteldächer) sollten sie nur 1 - 1,5 m breit und weit zu öffnen sein. Steilere Dächer sind nur beim Ziegeldach nötig,damit es dicht ist. Für eine gute Stallbelüftung werden sie nicht benötigt.
Auf Ost- und Westseiten von Ställen, auf die im Sommer schon ab morgens um 6.00 Uhr und abends bis 21.00 Uhr kräftig die Sonne einstrahlt, kann mit Bepflanzung mehr Hitzeschutz erreicht werden. Hecken und Bäume mit etwas Abstand vor der Fassade verschatten diese. Man sollte auch auf sich stark aufheizende Kunststoffelemente im Dach sowie auf Ost- und Westseiten verzichten. Den Zeitraum mit hohen Stalltemperaturen gilt es möglichst gering zu halten.
Eine Traufe von 3 bis 4 m ist üblich und reicht auch aus. Bei geneigten Dächern mit gutem Hitzeschutz liegt die Traufenhöhe eher bei 3 m, bei flachen Dächern oder Dächern mit geringem Hitzeschutz wird 4 m Traufenhöhe angestrebt.
Für Ziegeldächer sind 20° Dachneigung sinnvoll. Sie sind ab 15° ohne besonderen Aufwand zu erstellen. Gebraucht wird eine Hinterlüftung von 6 bis 8 cm. Ziegel wird nicht so heiß wie Blech und mit der Hinterlüftung transportiert man nochmal Hitze ab.
Für den sommerlichen Hitzeschutz ist nicht nur die geringe Wärmeleitfähigkeit des Baustoffs ausschlaggebend. Die Wärmeleitfähigkeit ist entscheidend, wenn man es im Winter im Haus warm haben will. Sondern die hohe Rohdichte und die spezifische Wärmekapazität des Baustoffs spielen hier eine Rolle. Aufgrund dieser Eigenschaften sind Holz und Naturdämmstoffe ideale Materialien für einen guten Hitzeschutz.
Der Hitzeeinfluss auf ein Dach ist mittags um 12.00 Uhr am größten. Ein gutes Dach dämpft den Hitzeeintrag nach innen. Das bedeutet, dass bei einem Massivholzdach mit Dachziegel und Hinterlüftung nur etwa 30 % der Hitze innen ankommt. Dieser Dachaufbau führt auch zu einer sogenannten Phasenverschiebung, das heißt, dass die Hitze später in den Stall dringt. Wenn die max. Hitze außen um 12.00 Uhr auftraf, kommt sie innen 7,2 Stunden später an, also etwa um 19.00 Uhr abends. Der Hauptpuffer liegt im Werkstoff Holz. Wird es nach 19.00 Uhr wärmer, ist es draußen auch schon wieder kühler, so dass der Stall dann auch gelüftet werden kann.
Es sei wichtig, vor dem eigenen Stallbau andere Ställe zu besichtigen und es komme weiter darauf an, die Kühe zu beobachten. Dann wird klar, welche Ställbauweisen besonders geeignet sind, schloss Konrad Knoll seinen Vortrag.
Berichterstattung:
E. Hormes, K. Elbs, M. Müller
ZUM FACHVORTRAG
Nichtalltägliche Lösungen für Milchviehställe
Referent: Konrad Knoll - AELF Weilheim
VERANSTALTER
- Arbeitsgemeinschaft Landtechnik und Landwirtschaftliches Bauwesen in Bayern e.V. (ALB)
- Bayerische Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (ÄELF)
Kooperationspartner
- Landeskuratorium der Erzeugerringe für tierische Veredelung in Bayern e.V. (LKV)
- BBV Landsiedlung GmbH, München
- BBA Baubetreuung GmbH, Amerang
Finanzielle Förderung
Die Online-Seminare erfolgen mit finanzieller Unterstützung durch das Bayerische Staatministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF).