Dienstag, 19. März 2024
Arbeitsgemeinschaft Landtechnik und Landwirtschaftliches Bauwesen in Bayern e.V.

RÜCKBLICK

Klimawandel und digitale Konzepte im Pflanzenbau

LfL-Jahrestagung / Landtechnische Jahrestagung
am 1. Dezember 2021 in Grub
Liveübertragung im Internet

Die bereits erkennbaren Auswirkungen des Klimawandels haben große Auswirkungen auf den Pflanzenbau. Die Landwirtschaft ist gefordert, bestehende Bewirtschaftungssysteme kritisch zu hinterfragen und Anpassungen vorzunehmen. Die diesjährige Jahrestagung der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft widmete sich diesem Thema, betrachtete es aus Sicht der Verfahrenstechnik und zeigte Möglichkeiten und Chancen, die digitale Konzepte im Pflanzenbau eröffnen.

Die Veranstaltung wurde im Rahmen der Landtechnischen Jahrestagung durchgeführt, die das Institut für Landtechnik und Tierhaltung der LfL mit der ALB jährlich zusammen mit Partnerorganisationen durchführt, zu diesem Termin mit dem Kuratorium Bayerischer Maschinen- und Betriebshilfsringe e.V. und dem Landeskuratorium für pflanzliche Erzeugung in Bayern e.V..

Auf das eröffnende Grußwort durch Stephan Sedlmayer, Präsident der LfL und die Begrüßung durch MDirig. Dr. Maximilian Wohlgschaft, Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) folgten die Fachbeiträge. Es moderierten Robert Brandhuber und Dr. Markus Demmel von der LfL.

PROGRAMMPUNKTE

Bedeutung des Klimawandels für die Landwirtschaft

Dr. Matthias Herbst, DWD

Im Vortrag zeigte Dr. Matthias Herbst, Leiter des Zentrums für Agrarmeteorologische Forschung (ZAMF) des DWD auf, dass der in Deutschland erreichte Temperaturanstieg von circa 1,5 Grad zur Verlängerung der Vegetationsperiode, schnellerer Pflanzenentwicklung und steigenden Ertragsrisiken (z. B. durch Hitzestress, neue Schädlinge) führt. Es besteht der Trend zu einem höheren Wasserbedarf im Sommer durch Temperaturanstieg bei gleichbleibenden Sommer- und steigenden Winterniederschlägen. Der festgestellte Trend zu stabileren Wetterlagen führt zu häufigeren Dürre- und Nässe-Situationen sowie zur schwierigeren Planbarkeit von Arbeiten. Im Mittel der Jahre wird die Klimatische Wasserbilanz künftig weniger positiv ausfallen als jetzt, sodass bei unveränderter Nutzung (Trinkwasser, Landwirtschaft) auch die Wasserverfügbarkeit abnimmt. Zu erhöhen ist die Wasserverfügbarkeit unter anderem durch Bodenschutzmaßnahmen, Wasserspeicherung, optimierte Bewässerungstechniken, Diversifizierung oder neue Sorten.

Herausforderung Klimawandel - Situation und Lösungsansätze aus dem Pflanzenbau

Dr. Peter Doleschel, LfL

Im Winter 2021/22 wird zu den Themen des Klimawandels an den Bayerischen Staatsgütern in Schwarzenau, einem Trockenstandort, ein neues Forschungszentrum starten. Nachdem Dr. Peter Doleschel, Leiter des Instituts für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung der LfL die aktuellen und künftigen pflanzenbaulichen Rahmenbedingungen für Bayern skizziert hatte, ging er auf das Vorhaben am Standort Schwarzenau näher ein:

  • ein wissenschaftliches Koordinationsteam ist etabliert
  • Erfahrungen mit alternativen Pflanzenarten / trockenverträglichen Kulturen wie Kolbenhirse, Rispenhirse, Buchweizen, Quinoa, Amarant, Kichererbse, Edamame, Erdnuss und Körnerhirse werden gesammelt
  • Futterpflanzenversuche für Trockenstandorte werden angelegt (Luzerne, Festulolium, Knaulgras, Rohrschwingel)
  • Versuche zum Pflanzenschutz unter trockenen Bedingungen und Verzicht auf Herbizideinsatz sind in Planung
  • Strategien zum Bodenschutz werden entwickelt
  • Strömungen aus der Praxis, so zum Beispiel Regenerative Landwirtschaft, sollen mitberücksichtigt werden

Pflanzenzüchtung ist für den Referenten ein wichtiger Lösungsansatz, spannend sind hier auch neue Methoden, die derzeit, politisch gewollt, allerdings nicht zur Verfügung stehen. Nach Freigabe dieser Techniken würden sie praktiziert, um ansonsten sinkenden Erträgen entgegenzuwirken.

Präzises Bewässern - Grundlagen, Technik, Management

Dr. Martin Müller, ALB

Im Vortrag von Dr. Martin Müller, ALB, ging es um Bewässerung. Im Bewässerungsforum Bayern, das seit 2019 von der ALB organisiert wird, befassen sich Fachleute spartenübergreifend damit. Feststeht, dass auch in Zukunft die meisten landwirtschaftlichen Flächen Bayerns nicht bewässert werden können, weil hierzu einfach das Wasser fehlt und Bewässerung auch zu teuer wäre. Momentan werden in Bayern schätzungsweise etwa an die 2 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche bewässert. Entscheidend sei, dass hierbei das Wasser möglichst effizient eingesetzt wird, also angepasst an den Bedarf der Kulturen und mit möglichst wenig Verlusten.

In dem Vortag charakterisierte Dr. Müller die verschiedenen Bewässerungstechniken und bewertete diese mit Blick auf unproduktive Wasserverluste. Außerdem stellte er die Bewässerungs-App vor. Hierbei handelt es sich um ein kostenfreies, für jedermann zugängliches webbasiertes Entscheidungssystem zum Bewässern.

Digitalisierung in der Außenwirtschaft - aktueller Stand der Umsetzung, Chancen und Hemmnisse

Johanna Pfeiffer, LfL

Die im Bereich Digital Farming promovierende Johanna Pfeiffer, LfL, zeigte in ihrem Vortrag anhand von Ergebnissen aus ihrer Arbeitsgruppe auf, wie Digitalisierung (Precision Farming und digitale Management-Unterstützung) einen Beitrag leisten können, dem Klimawandel entgegenzuwirken. Nach einer Umfrage im Jahr 2020 setzen bayerische Betriebe vor allem digitale Ackerschlagkarteien (21%) und Farm-Management-Informationssysteme (13%) ein. Automatische Lenksysteme nutzen 17% und die GPS-gesteuerte Teilbreitenschaltung immerhin 13% der Befragten. Alle anderen digitalen Techniken (N-Düngung, teilbreitenspezifischer Pflanzenschutz, Grunddüngung und mehr) schneiden in der Befragung einstellig ab, was zum Teil auf Mehraufwand und Kosten zurückzuführen ist.

Johanna Pfeiffer sprach Carbon-Farming als neue Einkommensquelle für Landwirte an. Dabei werden Produzenten dafür bezahlt, dass sie gezielt Maßnahmen verfolgen, um Kohlenstoff im Boden anzureichern (zum Beispiel "Initiative Klimalandwirt"). Der Nachweis von dauerhafter Kohlenstoffanreicherung ist schwer zu erbringen. Die Ruhstorfer Digitalisierungsgruppe ist an einem Fernerkundungsprojekt zu dieser Problematik beteiligt.

Im Projekt "Pflanzenbausysteme der Zukunft - biodivers, bodenschonend, digital" werden am Forschungsstandort Ruhstorf gemeinschaftlich mit zahlreichen Instituten ab 2022 auf einem 12 ha-Schlag mit sieben Kulturen unter anderem Feld-Robotik (Geräte Oz, Farmdroid, Robotti) getestet, soweit wie möglich herbizidfrei. Man verspricht sich Lösungen (Einsparpotenziale, Wirtschaftlichkeit) für die Herausforderungen kleinräumiger Landwirtschaft unter Einsatz digitaler Techniken. Digitalisierung ist nach Pfeiffer eines unter mehreren Werkzeugen, die großen Herausforderungen der Landwirtschaft anzugehen. Der Klimawandel ist ein Beispiel dafür.

Wetterdaten für die Landwirtschaft - das Angebot der LfL/ Agrarmeteorologisches Messnetz

Stephan Weigand, LfL

In seinem Vortrag bot Stefan Weigand, LfL, Landwirten die Nutzung von LfL-Dienstleistungen in Verbindung mit regionalen Wetterdaten an. In Bayern wird dieser Weg mit dem Aufbau und Betrieb des Agrarmeteorologischen Messnetzes für die Landwirtschaft bereits seit 1989 beschritten. Auch Sonderkulturen wie Wein, Hopfen, Obst- und Gemüsebau werden besonders berücksichtigt. Seit 2008 arbeitet man mit dem Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinpfalz (DLR) zusammen. 140 Stationen sind rund um die Uhr aktiv. Unter www.wetter-by.de werden die Daten (Luft- und Bodentemperatur, Feuchte, Windgeschwindigkeit und neuerdings Windrichtung, Blattnässe, Niederschlag und vieles mehr), Wettervorhersagen, Warndienste etc. frei zugänglich bereitgestellt. Mittelfristig soll realisiert werden, dass man sogar in Echtzeit Daten abfragen kann.

Landwirtschaft 4.0 - das Angebot der Bayerischen Maschinenringe

Dr. Michael Mederle, KBM

Die Bayerischen Maschinenringe bieten Landwirten in den Betätigungsfeldern Landtechnik, Betriebshilfe, Zuerwerb und Digitalisierung ihre Unterstützung, so Dr. Michael Mederle vom KBM. Vor zehn Jahren begannen Veranstaltungen zu Automatischen Lenksystemen. Die Organisation und Steuerung von Logistikprozessen (Beispiel Zuckerrüben-Ernte) ist ein weiteres Feld. Auch um die digitale Grenzsteinfindung und deren RTK-Signal-genaue Einmessung kümmern sich die Maschinenringe, genauso wie um die Ausbringung von Trichogramma über Drohnen zur Maiszünsler-Bekämpfung in einzelnen bayerischen Regionen. In einer Digitalisierungsstrategie der Bundes-Maschinenringe, in der der bayerische Verband der größte ist, wird die Vernetzung von Landwirten und Maschinenringen sowie den Selbsthilfeeinrichtungen forciert. Es sollen Lösungen geboten werden, die alle Landwirte brauchen, es wird Bestehendes digitalisiert (zum Beispiel Mein-Ring-App, Mein-Acker-App, Mein-Büro-App) und es werden neue digitale Geschäftsfelder entwickelt.

Digitale Landwirtschaft - das Angebot des Landeskuratorium für pflanzliche Erzeugung in Bayern e.V.

Dr. Florian Botzler, LKP

Im LKP kann Geschäftsführer Dr. Florian Botzler Digitales in den Bereichen Beratung und Boden anbieten, darüber hinaus die Anwendung FarmExpert 4.0, die für Landwirte Mehrwert und Nutzen darstellt, Wissen digital vereint und so zu einem täglichen Entscheidungshilfesystem wird. Knapp 85.000 Mitglieder will man möglichst mit allen zur Verfügung stehenden Medien erreichen. Das Credo des LKP lautet: "Digitalisierung ja, wenn es dem Landwirt einen konkreten Mehrwert bietet."

Praktische Anwendung für eine nachhaltige und umweltverträgliche Landwirtschaft

Tom Koller, Landwirt

Landwirt Thomas Koller aus Greilsberg hielt ein Plädoyer für eine nachhaltige und umweltverträgliche Landwirtschaft und gleichzeitig für die Nutzung digitaler Hilfen in den Betrieben. Einmal die Felder von oben betrachtet und per Satelliten-Düngerkarte für 8 Euro/ha den Nährstoffzustand bewertet, war für Koller das Schlüsselmoment. Seither düngt er teilschlagspezifisch und ist sich sicher, bei geringerem Düngereinsatz eine höhere Qualität bei Weizen und Kartoffeln zu erreichen.

An der Veranstaltung waren per Videoübertragung 150 bis 200 Personen zugeschaltet.

Freising, im Dezember 2021

VERANSTALTER

  • Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL)
  • Arbeitsgemeinschaft Landtechnik und Landwirtschaftliches Bauwesen in Bayern e.V. (ALB)

Kooperationspartner

  • Kuratorium Bayerischer Maschinen- und Betriebshilfsringe e.V. (KBM)
  • Landeskuratorium für pflanzliche Erzeugung in Bayern e.V. (LKP)