Online-Seminar am 24. März 2021
RÜCKBLICK
Strombedarf, Einsparpotenzial und Eigenstromversorgung in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung (Milchvieh und Schwein)
Referent: Josef Neiber - Institut für Landtechnik und Tierhaltung (LfL) Freising, Arbeitsbereich: Umwelttechnik in der Landnutzung, Arbeitsgruppe: Emissionen und Immissionsschutz
Das Seminar „Strombedarf, Einsparpotenzial und Eigenstromversorgung in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung (Milchvieh und Schwein)" wurde am 24.03.2021 von Dr. Martin Müller, Geschäftsführer der ALB Bayern e.V. eröffnet. Die Einsparpotenziale beim betrieblichen Energieverbrauch sowie eine optimierte Nutzung eigenerzeugter, regenerativer Energien rücken immer stärker in den Vordergrund - sowohl in betriebswirtschaftlicher Hinsicht als auch unter dem Aspekt des Klimaschutzes. Wo diese Potenziale liegen, wie sie erkannt und in der Praxis genutzt werden können erklärt Josef Neiber in seinem einstündigen Vortrag. Moderator Dr. Stefan Neser begrüßte die 60 Teilnehmer des Seminars und betonte einleitend den großen Erfahrungsschatz, die Praxisnähe und das fundierte Wissen des Referenten.
ZUM FACHVORTRAG
Strombedarf, Einsparpotenzial und Eigenstromversorgung in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung (Milchvieh und Schwein)
BERICHT ZUM FACHVORTRAG
Kostenfaktor Energie: Energie- und Erzeugerpreisentwicklungen
Während sich die Stromkosten seit 1991 nahezu verdoppelt haben (ca. 4 % Preissteigerung pro Jahr), stagnieren die Erzeugerpreise für tierische Produkte (Milch, Schweinefleisch, Ringferkelpreise) seit 30 Jahren (ca. 0 - 0,5 % Preissteigerung pro Jahr). Die Energiekosten machen – je nach Produktionsschwerpunkt – einen unterschiedlich großen Anteil an den Gesamtkosten aus:
In der Milchviehhaltung werden nach LfL-Kalkulationsdaten 90 € pro Kuh und Jahr, in der Ferkelproduktion etwa 105 € pro Zuchtsau und in der Schweinemast etwa 3 € pro Tier (für Wasser und Energie) veranschlagt. In den einzelnen Produktionsverfahren steigt gleichzeitig der Energiebedarf: durch höhere Automatisierung und Mechanisierung (z.B. Melkroboter) und durch neue technische Verfahren, die teilweise auf Grund von Umwelt- (z.B. Abluftreinigungsanlagen) oder Tierwohlauflagen benötigt werden (z.B. Abluftreinigungsanlagen).
Auf Betriebsebene soll bei möglichst hohem produktionstechnischem Stand ein niedriges Energiekostenniveau erreicht werden. Auf nationaler Ebene wird der Umbau der Energiebereitstellung und -versorgung unterstützt. Und global leisten die Betriebe einen wichtigen Beitrag zur Schonung fossiler Energieträger. Die größten Einsparpotenziale lassen sich durch technische Maßnahmen (z. B. energieeffiziente Anlagen), bei baulichen Maßnahmen (z.B. Dämmung), sowie im betrieblichen Management (z.B. Wartung der Anlagen, effiziente Arbeitsabläufe, Energiemanagement, …) finden.
Gesamtbetriebliche Erfassung des Energieeinsatzes
Um den Energieeinsatz eines Betriebs zu optimieren ist zunächst eine detaillierte Erfassung des aktuellen Bedarfs und Verbrauchs nötig. Im Forschungsprojekt “Verbesserung der Energieeffizienz in der Landwirtshaft in Bayern“ hat das Team um Josef Neiber unter anderem rund 6500 Milchvieh-, ca. 1000 Ferkelerzeuger- und ca. 1000 Schweinemastbetriebe unterschiedlicher Größe und technischer Ausstattung hinsichtlich ihres Energieeinsatzes untersucht und diese in drei Gruppen eingeteilt: Betriebe mit hohem, mittlerem und niedrigem Energieverbrauch. Dabei wurde für Milchviehbetriebe ein Durchschnittswert von 640 kWh pro Kuh und Jahr errechnet, für eine Zuchtsau 500 kWh und pro Mastplatz 120 kWh. Betriebe aus der Kategorie „niedriger Energieverbrauch“ unterschreiten diesen Durchschnittswert deutlich: hier liegt der Verbrauch dann beispielsweise nur bei 500 kWh pro Kuh und Jahr, bei 300 kWh pro Zuchtsau bzw. bei 70 kWh pro Mastplatz - ein Einsparpotenzial also von etwa 20 % (Milchviehhaltung) bzw. 40 % (Ferkelproduktion und Schweinemast).
Förderprogramm BMEL
Vor der Planung von Maßnahmen zur Energieeinsparung empfiehlt es sich, einen Blick auf Förderprogramme zu werfen, da diese die Wirtschaftlichkeit von Investitionen zur Energieeinsparung deutlich erhöhen können.
Das „Bundesprogramm zur Förderung der Energieeffizienz und CO2-Einsparung in der Landwirtschaft und im Gartenbau“ des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft läuft noch bis 2023 und verfügt über ein Budget von knapp 156 Mio. €.
Gefördert werden- Wissenstransfer und Informationsmaßnahmen
- Einzelmaßnahmen
- Mit Beratung und CO2-Einsparkonzept
- Modernisierung und Neubau
- regenerative Eigenenergieerzeugung
- mobile Maschinen und Geräte
Für die Beratung und Erstellung des betriebsindividuellen CO2-Einsparkonzepts werden 80 % der förderfähigen Beratungskosten (netto), bei einer max. Zuwendung von 7.000 € bei betrieblichen Energiekosten von ≥ 10.000 €/a (≤ 10.000 € max. Zuschuss 4500 €/a) gefördert.
- Zu den geförderten Einzelmaßnahmen (bis zu 30 % der förderfähigen Netto-Investitionskosten bei 3.000 € Mindestinvestitionsausgaben) gehören: Elektrische Motoren und Antriebe, elektrisch angetriebene Pumpen, Ventilatoren, Kompressoren (Austausch bzw. Umrüstung)
- Energieschirme und festinstallierte Mehrfachbedeckungen bei Gewächshäusern (auch bei erstmaliger Ausstattung)
- Vorkühler in Milchkühlanlagen (auch bei erstmaliger Ausstattung sowie unmittelbar damit zusammenhängende Installationsausgaben)
- automatische Reifendruckregelanlagen (Ausstattung zur Nachrüstung, aber auch bei erstmaliger Ausstattung, wie einem Neukauf eines Schleppers) – Achtung: Förderung ist seit 27.01.2021 ausgesetzt! – eine Förderung dieser Maßnahme ist ab diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich.
Des Weiteren werden gefördert
- Modernisierung und Neubau: Optimierungsmaßnahmen an Anlagen zur Kühlung, Belüftung
und/oder Wärmeversorgung, Optimierung der Mess-, Steuer- und Regelungstechnik (z.B. für Ställe mit Zwangslüftungsanlagen), Umstellungen auf energieeffiziente Technologien sowie energetische Optimierung von technischen Prozessen.
→ förderfähig sind bis zu 30 % der förderfähigen Investitionskosten, bei Nutzung von erneuerbaren Energien bis zu 40 %. Max. werden 700 € je jährlich eingesparter Tonne CO2 gefördert, bei Mindestinvestitionsausgaben von 20.000 €. - Regenerative Eigen-Energieerzeugung und Abwärmenutzung: Solarkollektoranlagen, Photovoltaikanlagen, Anlagen zum Einsatz von Biomasse und kleine BGA, Wärmepumpen, Geothermie, Maßnahmen zur Ab- und Fernwärmenutzung, Anlagen zur Speicherung und Wiederabgabe dieser Energien. Voraussetzung: die Energie muss selbst genutzt werden.
→ bis zu 40 % der förderfähigen Investitionskosten, 800 € pro jährlich eingesparter Tonne CO2. - Mobile Maschinen und Geräte: die direkte Elektrifizierung von mobilen Motoren (vor allem Traktoren und sonstige motorbetriebene mobile Geräte) als Ersatz für Verbrennungsmotoren, die Anschaffung oder die Umrüstung von Landmaschinen zur Nutzung von Biomethan und kaltgepresstem Rapsöl als Treibstoff, Technologie für die Herstellung kaltgepressten Rapsöls für den Eigenbedarf → 700 € pro jährlich eingesparter Tonne CO2, bis zu 40 % der förderfähigen Investitionskosten – Förderfähig ist der Differenzbetrag zwischen Anschaffungspreis zum Referenzpreis einer konventionellen Maschine - ab 16.000 € Mindestinvestitionsausgaben, bei Um- und Nachrüstung 5000 Euro.
Die Antrags- und Bewilligungsbehörde ist die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) in Bonn. Download von aktuellen Merkblättern, Informationen und Anmeldung zum Newsletter der Fördermaßnahmen und -kriterien Hier finden Sie zudem im Sachverständigen-Register die zugelassenen Sachverständigen für die Erstellung der CO2-Einsparkonzepte.
Verbrauchskennzahlen in Milchviehbetrieben
Josef Neiber weist darauf hin, dass die Daten differenziert zu betrachten sind: Am Beispiel Milchgewinnung zeigt sich, dass automatische Melksysteme zwar im Durchschnitt etwas mehr Energie verbrauchen als der klassische Melkstand (366 kWh und 333 kWh). Die Daten zwischen den einzelnen Betrieben und Systemen streuen jedoch zum Teil stark. Deshalb müssen neben den Systemen auch deren Komponenten betrachtet werden: Vakuumpumpen, Kühlungen, Kompressoren und Warmwasserbereitung (Reinigung) älterer Bauart verbrauchen meist mehr Energie als modernere. Frequenzregulierte Vakuumpumpen beispielsweise können den Energieverbrauch gegenüber konventionellen Vakuumpumpen um ca. 40 % senken. Ähnliches gilt für die anderen Hauptstromverbraucher im Milchviehstall, nämlich Beleuchtung, Frostsicherung (Wasserleitungen, Tränkebecken) und die Güllepumpen.
Einsparpotenziale in Milchviehbetrieben (Beispiele aus der Praxis)
Zu den wichtigsten „Energiefressern“ auf Milchviehbetrieben gehören veraltete Vakuumpumpen. Neuere Modelle mit Frequenzreglern sparen gegenüber konventionellen ca. 40 % Energie ein. Berechnet für einen Betrieb mit 70 Milchkühen, einer Vakuumpumpenleistung von 5,5 kW und einer täglichen Melkdauer von 5 Stunden pro Tag würde die Nachrüstung mit Frequenzregler ca. 3500,- € kosten. Eine neue, frequenzgesteuerte Vakuumpumpe läge bei ca. 6500,- €. Für die Amortisationszeit ergeben sich bei der Nachrüstung 4,4 Jahre, beim Neukauf 8,2 Jahre. Die Förderung reduziert die Investitionshöhe und dadurch die Amortisationszeit bei der Nachrüstung auf 3,1 Jahre und beim Neukauf auf 5,8 Jahre.
Dass sich die Umrüstung auf Frequenzsteuerung sogar ohne Förderung rechnet zeigt folgendes Beispiel:
Die Nachrüstung eines Rohrvorkühlers auf einem Betrieb mit 2 Melkrobotern führte auf einem der Forschungsbetriebe zu einer Stromeinsparung von ca. 37 %. Bei Investitionskosten von ca. 5.000 € ergibt sich eine Amortisationszeit von 3,1 Jahren, mit Förderung 2,1 Jahre. Allerdings ist hier zu beachten: Wenn ein Vorkühler installiert wird, steht weniger Abwärme für die Wärmerückgewinnung zur Verfügung, die erwärmbare Wassermenge sinkt dadurch um die Hälfte von 0,6 auf 0,3 l je Liter Milch. Wenn also beide Systeme verbaut sind bedeutet das für einen Betrieb mit beispielsweise 55 Milchkühen, einem Melkstand und einer Milchleistung von 9600 kg/Kuh/Jahr, dass bei 1459 kg Milchmenge pro Tag eine erwärmbare Wassermenge (Vorkühlung + Wärmerückgewinnung) von 435 Litern verfügbar ist, von der nach Abzug des Reinigungswassers für die Melk- und Tankanlage, dem Wasser für die Kälbertränken und die Handwaschbecken noch 35 Liter verbleiben. Diese Berechnung zeigt, dass ab einer Milchmenge von 500.000 Kilo Milch pro Jahr die Kombination von Vorkühler und Wärmerückgewinnung unproblematisch ist. Bei größerer Unterschreitung dieser Milchmenge empfiehlt Josef Neiber, sich für eines der beiden Systeme zu entscheiden.
Auch falsch dimensionierte Milchtanks können zu Stromfressern werden. Auf einem der Forschungsbetriebe wurde mit der Aufstockung des Viehbestands von 45 auf 60 Kühe auch der Milchtank vergrößert (von 2000 auf 3500 Liter Fassungsvermögen). Während die Milchleistung pro Kuh sank, nahm die Gesamtjahresproduktion durch den größeren Bestand um 13 % zu. Im selben Zeitraum erhöhte sich der Stromverbrauch für die Milchkühlung allerdings um 41 %. Eine Analyse der Tankauslastung ergab, dass diese bei einem Bestand von 45 Kühen nach 2 Melkzeiten bei 43 %, nach 4 Melkzeiten bei 85 % lag. Der größere Tank wurde nach zwei Melkzeiten lediglich zu 28 %, nach vier Melkzeiten zu 56 % ausgelastet. Monetär betrachtet führt diese mangelnde Auslastung zu Mehrkosten von 500 €, die für die Milchkühlung bezahlt werden müssen. Bei Erweiterungen oder Vergrößerungen empfiehlt es sich deshalb, auf angepasste Anlagengrößen zu achten. Auf dem gleichen Betrieb wurde auch beim Kühlaggregat ein hoher Stromverbrauch festgestellt. Durch das Verlagern des Aggregats vom Tankraum in den Außenbereich konnte die Abluft leichter entweichen und der Energieverbrauch so um ca. 25 % gesenkt werden.
Wie bereits erwähnt gehört auch die Stallbeleuchtung zu den wichtigsten Stromverbrauchern eines Betriebs. Beim Vergleich zweier Ställe von ungefähr derselben Größe, die einmal mit Metalldampflampen (Betrieb 1) und einmal mit LED-Strahler (Betrieb 2) ausgestattet waren ergibt sich folgendes Bild: Bei gleichen Beleuchtungszeiten und -stärken erzeugen die LED-Strahler 60 % weniger Stromkosten als die Metalldampflampen. Für Betrieb 2 bedeutet dies, dass er gegenüber Betrieb 1 ca. 1000 € weniger für die Stallbeleuchtung bezahlt. Die niedrigen Stromkosten machen hier die (geringen) Mehrkosten für LED-Lampen in jedem Fall wett.
Einsparpotenziale in der Schweinehaltung (Beispiele aus der Praxis)
Ein ähnliches Ergebnis liefert die Datenerhebung auf Schweinemastbetrieben: Hauptstromverbraucher ist auch hier die Lüftungsanlage. Bei Betrieben mit Abluftreinigungsanlagen ist der Stromverbrauch noch höher - fast doppelt so hoch wie bei herkömmlichen Lüftungssystemen. Verantwortlich dafür sind zum einen die Umwälzpumpen (der Abluftwäscher), zum anderen verursachen diese Systeme auch höhere Druckverluste bei der Lüftungsanlage. Die Art der Regelung hat dabei einen direkten Einfluss auf den Stromverbrauch der Stallklimatisierung: Im Vergleich mit alten Anlagen mit Phasenanschnitt- oder Transformatoren-Steuerungen verbrauchen moderne Anlagen mit Frequenz- oder EC-Regelung deutlich weniger Energie. Speziell in der Schweinemast, bei der die Lüftung zu 90 % in Teillast läuft, aber auch in der Ferkelerzeugung (80 % im abgeregelten Leistungsbereich) ist eine gute Regelungstechnik elementar wichtig, da die Lüftungsanlage vor allem im Winter enorme Wärmeverluste (Abferkelstall, Ferkelaufzucht) verursacht. Bei einem durchschnittlich gemessenen Heizenergieverbrauch von 300 kWh bei Betrieben mit und 600 kWh thermische Energie bei Betrieben ohne Wärmetauscher (pro Zuchtsau und Jahr) können die Kosten durch eine optimal an die Lüftungsrate angepasste Regelung reduziert und gleichzeitig Temperaturschwankungen auf ein Minimum begrenzt werden.
Mit dem Einbau von Luft-Luft-Wärmetauschern lassen sich Wärmeverluste verringern. Gleichzeitig sorgen Wärmetauscher für eine bessere Luftqualität im Stall und beugen großen Temperaturschwankungen vor.
Wer zusätzlich eine Ferkelnestabdeckung verbaut hat, kann seinen Wärmeenergiebedarf noch weiter reduzieren. Insgesamt kann davon ausgegangen werden, dass der Wärmetauscher den Einsatz von thermischer Energie um etwa 50 % senkt, wodurch sich auch die CO2-Emissionen deutlich verringern.
Intelligente Energieeigennutzung
Für Betriebe, die selbst Strom produzieren ist eine optimierte Nutzung ihrer selbstproduzierten Energie ein wirtschaftlicher Vorteil. Die Eigenenergienutzung macht den Landwirt nicht nur unabhängiger von volatilen Energiepreisen, er senkt damit auch seine Energiekosten. Eine intelligente Energienutzung schafft die Grundlage dafür, sie erfolgt in den drei Arbeitsschritten
1.) Differenziertes Erfassen der Verbraucherdaten
2.) Auswertung dieser Daten
3.) Ableitung von sinnvollen Handlungen
Die differenzierte Erfassung liefert Informationen, wo und wann wieviel Energie verbraucht bzw. benötigt wird. Die Auswertung der Daten ergibt dann ein energetisches Lastprofil. Dieses Lastprofil wiederum zeigt dem Landwirt mögliche Optionen, wie er seine verfügbare Energie effizient einsetzen kann. Durch eine Lastverschiebung können beispielsweise Bedarfsspitzen entzerrt werden, indem der Stromverbrauch in die Tageszeiten verlagert wird, in denen die Energieausbeute am höchsten ist. Auch bei Verbrauchern mit hohen Anschlusswerten und definierten Laufzeiten empfiehlt es sich, den Einsatz (manuell oder per Zeitschaltuhr) in die Phasen zu verlegen, in denen wenig Strom benötigt wird bzw. viel Strom vorhanden ist. Eine weitere Möglichkeit, die Eigenstromnutzung zu verbessern besteht in der Ausrichtung der PV-Anlage: Wenn der Strom länger am Tag zur Verfügung steht kann er bei einer entsprechenden Lastverteilung auch länger genutzt werden. Weitere Optimierungsmöglichkeiten bieten Verbesserungen der technischen Ausstattung oder Anpassungen der Anlagengröße. Hier schafft vor allem die Kopplung mit Stromspeichern wie Batterie- oder (bei Milchviehbetrieben) Eiswasserspeicheranlagen mehr Effizienz bei der Eigenstromnutzung.
Beispiele aus der Praxis: Lastprofile in der Milchviehhaltung
Die Datenerhebung auf einem Milchviehbetrieb mit 120 Kühen und 2 Melkzeiten ergab folgendes Lastprofil: Ganzjährig sind die Lastspitzen am Morgen und Abend zu den Melkzeiten, verursacht durch die die Milchgewinnung, die Milchkühlung sowie der Warmwasserbereitung für die Melkanlagen- und Tankreinigung erkennbar. Der Stromverbrauch für die Stallbeleuchtung ist im Winter deutlich höher wie im Sommer. Zusätzlich wird Strom im Sommer für die Belüftungsanlage verbraucht. Bei einer Südausrichtung kommt die PV-Anlage (mit 30 kWp) auf eine Leistung von ca. 30 000 kWh, der Betrieb verwirklicht (bei einem Stromverbrauch von ca. 47 000 kWh) einen Eigenverbrauchsanteil von 33 %. Bei einer Ost-West-Ausrichtung sinkt zwar die produzierte Strommenge um ca. 5 %, dafür verlängert sich die Produktionsdauer in die Morgen- und Abendstunden hinein. Der Eigenverbrauchsanteil erhöht sich auf knapp 36 %.
In Milchviehbetrieben kann die Eiswasserproduktion und -speicherung in Verbindung mit der Milchkühlung eine Möglichkeit sein, mehr Solarstrom selbst zu nutzen. Bei Eiswasserkühlanlagen wird unabhängig von den Melkzeiten ein Kältevorrat aufgebaut, der dann bei Bedarf nach dem Melken für die Abkühlung der Milch zur Verfügung steht. Im Praxisbeispiel könnte mit einer Eiswasserkühlung der Eigenstromverbrauch auf knapp 60 % erhöht werden. Zu beachten ist jedoch, dass der Stromverbrauch für Eiswasserkühlungen um über 10 % höher liegt wie bei Direktkühlanlagen. Das Lastprofil kann bedingt durch die technische Ausstattung, z.B. durch die Automatisation der Milchgewinnung mit einen Melkroboter ganz anders gestaltet sein. Betriebe mit Melkroboter erzeugen beispielsweise ein über den Tag sehr gleichmäßiges Lastprofil und können dadurch einen sehr hohen Eigenverbrauchsanteil erreichen (im Praxisbeispiel liegt der Eigenstromverbrauch bei über 55 %).
Die Nutzung von Speichern bietet den Vorteil, dass auch deutlich größere PV-Anlagen mit einem immer noch sehr hohen Eigenverbrauchsanteil genutzt werden können.
Wird, wie im Praxisbeispiel, der Betrieb mit Melkstand und zwei Melkzeiten mit einem Batteriespeicher (im Praxisbeispiel: 20 kWh nutzbare Speicherkapazität) ausgestattet, erhöht sich der Eigenverbrauchsanteil von 33 auf etwa 50 %. Kommt ein Eiswasserspeicher zum Einsatz erhöht er sich auf über 75 %. Beim Betrieb mit Melkroboter lässt sich der Eigenverbrauchsanteil mit einem 20 kWh Batteriespeicher auf über 70 % erhöhen.
Dass nicht nur ältere Stallsysteme hohe Energieeinsparpotenziale aufweisen, zeigen die Verbrauchsdaten eines Milchviehbetriebs, die vom ILT für das Kommunikationsprojekt der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) ausgewertet wurden: Ein moderner Stall (Bezug 2011) in Bayern mit 160 Milchkühen sowie automatisierter Melk- und Fütterungstechnik kann durch eine Optimierung der Milchkühlung mittels Vorkühlung, das Umrüsten auf LED-Beleuchtung und durch eine Eigenverbrauchsphotovoltaikanlage (40 kWp) seinen Energieverbrauch um 29 % (47.830 KWh, inkl. Dieseleinsparung durch die Elektrifizierung der Grundfuttervorlage) und damit seine Kosten um 22 % (5.280 €) senken. Gleichzeitig werden durch diese Maßnahmen die CO2-Emissionen um 24.300 kg pro Jahr reduziert.
Beispiele aus der Praxis: Lastprofile in der Schweinehaltung
Die Tageslastprofile eines Ferkelerzeugerbetriebs mit 374 Zuchtsauen und 1326 Ferkelplätzen zeigen, dass sich in den Sommermonaten, verursacht durch die Lüftungsanlage (um die Warmluft aus dem Stall abzuführen), der Stromverbrauch ab der Mittagszeit annähernd verdoppelt. In den Wintermonaten hingegen zeigt sich ein sehr gleichmäßiges Lastprofil, Lastspitzen entstehen ganzjährig aufgrund des Stromverbrauchs für die Beleuchtung, der Stallreinigung, den Fütterungszeiten und der Futteraufbereitung. Da gerade auch in den Sommermonaten die Solarstromproduktion um ein Vielfaches höher liegt als in den Wintermonaten, kann bei einer 30 kWp (nach Süden ausgerichteten) PV- Anlage und einem Stromverbrauch von ca. 75 000 kWh ein Eigenverbrauchsanteil von 65,6 % realisiert werden. Bei einer Verdreifachung der PV-Anlagen-Leistung auf 90 kWp könnten immerhin noch ca. 33 % selbst verbraucht werden. In Kombination mit einem Batteriespeicher mit 20 kWh nutzbarer Speicherkapazität würde sich der Eigenverbrauchsanteil auf 40,3 % erhöhen. Durch die Nutzung des Solarstroms sinkt der Bedarf an Netzstrom. Durch eine zeitliche Verschiebung der Futteraufbereitung in die strahlungsintensive Tageszeit könnte der Betrieb seinen Eigenverbrauchsanteil zusätzlich erhöhen.
Wie bei den Milchviehbetrieben, wurden auch die Verbrauchsdaten eines schweinehaltenden Betriebs für das DBU-Umweltkommunikationsprojekt durch das ILT ausgewertet. Der Betrieb mit ca. 300 Zuchtsauen (Altbestand an der Hofstelle), 1400 Ferkelaufzuchtplätzen (Neubau in Jahr 2008) und1000 Mastplätzen (Neubau 2017) wurden mögliche Einsparpotenziale untersucht. In den neueren Stallungen konnten nur geringe Einsparmöglichkeiten aufgedeckt werden.
Durch moderne Lüftungsregelungen, der Umrüstung auf LED-Beleuchtung und frequenzgeregelte Umwälzpumpen können hier fast 14.000 kWh Strom eingespart werden. Da sowohl an der Hofstelle als auch bei den ausgesiedelten Ställen (Ferkelaufzuchtstall und Maststall) Dachflächen für PV-Anlagen genutzt werden können, wurden im Energieeinsparkonzept 2 PV-Anlagen mit je 40 kWp Leistung für die Eigenstromnutzung berücksichtigt. Insgesamt konnten am Betrieb Einsparungen von 19.400 kWh Strom und damit Kosten in Höhe von 6.890 € sowie 32.060 kg CO2 pro Jahr ermittelt werden.
Smart-Meter-Rollout
Da mit dem Umbau des Energiesystems hin zu mehr erneuerbaren Energien die Anforderungen an einen sicheren und effizienten Netzbetrieb steigen, sollen in Zukunft Stromerzeuger und -verbraucher über ein intelligentes Netz (Smart Grid) miteinander verknüpft werden und digital kommunizieren. Dazu hat der Bundestag im August 2016 das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende (GDEW) beschlossen. Mit Wirkung zum 24.02.2020 hat das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) die Markterklärung für intelligente Messsysteme vorgelegt. Damit wird festgestellt, dass die technische Möglichkeit für den „Rollout“ der intelligenten Messsysteme gegeben ist. Dies ist der Startschuss für die verpflichtende Ausstattung von Messstellen mit intelligenten Messsystemen. Die Verpflichtung zum Einbau intelligenter Messsysteme gilt zunächst für Verbraucher mit einem Jahresstromverbrauch ab 6.000 bis 100.000 kWh, also verbrauchsstarke Haushalte und Unternehmen, darunter fallen auch die meisten landwirtschaftlichen Betriebe, sowie bei Erzeugern > 7 kW (PV, usw.).
Energieberatung in Bayern
Unabhängige Beratung zu den Möglichkeiten zur Energieeinsparung, Eigenstromnutzung und regenerativen Energieerzeugung bieten die Fachberater für Landtechnik und die Projektmitarbeiter des Beraternetzwerks „LandSchafftEnergie“. Diese sind an den neun Fachzentren für Diversifizierung und Strukturentwicklung an den Ämtern für Ernährung Landwirtschaft und Forsten angesiedelt.
Zusammenfassung – Blick in die Zukunft
Um die regenerativ erzeugte Energie optimal in das landwirtschaftliche Lastprofil einzubinden und zu nutzen, ist die Kenntnis der Erzeugungsprofile sowie der Verbrauchslastprofile des Betriebes in Abhängigkeit vom Produktionsverfahren ausschlaggebend. Technische Anlagen und Verfahren wie die Eiswasserproduktion für die Milchkühlung oder die Wärmeerzeugung mit Wärmepumpen (Sektorenkopplung) bieten weitere Möglichkeiten, die selbst produzierte Energie vermehrt zu nutzen. Neben stationären Batteriespeichern stehen durch die zunehmende Elektrifizierung von Arbeits- und Antriebsmaschinen vermehrt auch mobile Speicher auf den Betrieben zur Verfügung, die in einem gewissen Rahmen zeitlich flexibel aufgeladen werden können.
Fazit
Die gesamtbetriebliche Erfassung der Daten- und Energieflüsse dient als Grundlage für eine künftige Steuerung von Energiebereitstellung und Energieverteilung. Vernetzte Energiesysteme sind hierbei essenzielle Bestandteile, um eine dezentrale und intelligente Energieverteilung zu realisieren - gerade im Hinblick auf eine verbesserte Integration erneuerbarer Energien.
Berichterstattung:
Christiane Kretzer - Freie Fachjournalistin und
Karin Elbs - ALB
VERANSTALTER
- Arbeitsgemeinschaft Landtechnik und Landwirtschaftliches Bauwesen in Bayern e.V. (ALB)
- Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL)